Die Steuerreform entlastet die Bevölkerung um 5,2 Mrd. Euro. 1,9 Mrd. Euro sollen über Maßnahmen der Betrugsbekämpfung gegenfinanziert werden. Eine Offensive gegen Steuersünder ist voll im Gange: auf das Tarif-Zuckerbrot folgt nun die Betrugsbekämpfungs-Peitsche.
„Die Offensive gegen Steuersünder setzt an drei Stellen an“, erklärt CONSULTATIO-Partner und Steuerexperte Wolfgang Zwettler. 1 Mrd. Euro soll die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht bringen, 700 Mio. Euro die Aufhebung des Bankgeheimnisses. Von sonstigen Maßnahmen gegen den Steuerbetrug wie der Aufdeckung von Scheinfirmen erwartet sich die Finanz 200 Mio. Euro. „Wie die Finanz mit dem Entfall des Bankgeheimnisses umgeht, wird besonders interessant“, sagt Zwettler.
Aufbau Kontoregister und Konteneinschau
Die Finanz baut gerade ein zentrales Kontenregister auf. Die Banken müssen die Kontostammdaten ihrer Kunden laufend an den Fiskus melden. Kontostand und einzelne Transaktionen sind nicht zu melden. Nur „wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist“, darf die Finanz auf die Registerdaten zugreifen. „Das Kontenregister existiert mit Stand Ende Februar 2016 bislang nicht. Daher fehlt es noch an Erfahrungen, wie die Finanz die neuen Möglichkeiten nutzt“, erläutert Wolfgang Zwettler, CONSULTATIO-Partner. Er empfiehlt Unternehmen, vorsichtshalber mit einer Konteneinschau durch einen Prüfer zu rechnen und selbst zu hinterfragen, ob alle Zuflüsse steuerlich unbedenklich sind.
Kapitalflüsse melden
Das Kapitalabfluss-Meldegesetz ist ein wichtiges Werkzeug der Finanz, um Steuersündern auf die Schliche zu kommen. Die Banken sind verpflichtet, dem Fiskus zu melden, wenn mehr als 50.000,- Euro von Privatkonten und Depots natürlicher Personen abgehen. „Gehen Sie davon aus, dass Sie das Finanzamt ab November 2016 zu größeren Barabhebungen und Überweisungen befragt. Kann die Mittelherkunft nicht plausibel erklärt werden, droht eine Konteneinsicht“, betont Zwettler.
Die CONSULTATIO-Experten erwarten, dass der Fiskus besonders genau Meldungen unter die Lupe nehmen wird, die zwischen 2011 und 2013 erfolgte Kapitalzuflüsse auf österreichische Konten aus der Schweiz und Liechtenstein dokumentieren. „Denn bevor das Steuerabkommen mit den Eidgenossen und dem Fürstentum in Kraft trat, hat so mancher Steuersünder – noch unter dem vermeintlichen Schutz des österreichischen Bankgeheimnisses – Gelder aus diesen Ländern in die Heimat überwiesen“, so Zwettler. Um diese „Kapitalzuschleicher“ aufzuspüren, will die Finanz nun derartige Zuflüsse gemeldet wissen.
Reuige Schwarzgeldsünder haben nur noch ganz kurz Zeit, um eine Meldung zu verhindern: Bis zum 31. März 2016 müssen sie ihr Kreditinstitut schriftlich und unwiderruflich beauftragen, eine anonyme Abschlagszahlung in Höhe von 38 % des kritischen Zuflusses zu leisten. „Wird diese schriftliche Anweisung nicht erteilt, muss die Bank die Zuflüsse jedenfalls bis 31. Dezember 2016 an den Fiskus melden“, warnt CONSULTATIO-Experte Wolfgang Zwettler.
Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht
Der Verfassungsgerichtshof hat im März 2016 entschieden, dass die Registrierkassenpflicht nicht verfassungswidrig ist. Sie ist eine geeignete Bestimmung, Manipulationsmöglichkeiten zu verringern und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.
Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass das Überschreiten der Umsatzgrenzen im Jahr 2015 (Jahresumsätze von mind. 15.000,- Euro und davon mind. 7.500,- Euro Barumsätze) nicht relevant ist für die Verpflichtung zur Verwendung einer Registrierkasse. Erst Umsätze ab dem 1.1.2016 sind für die Beurteilung der Registrierkassenpflicht heranzuziehen. Die Verpflichtung zur Verwendung einer Registrierkasse beginnt drei Monate nach Ablauf des Umsatzsteuervoranmeldungszeitraums, in dem die Umsatzgrenzen erstmals überschritten wurden. Somit gilt die Verpflichtung frühestens ab dem 1.5.2016, sofern der Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat ist und bereits im Jänner 2016 die oben angeführten Umsatzgrenzen überschritten wurden.
„Der Finanzminister hofft, über die Registrierkassenpflicht beträchtliche Summen in die Staatskasse zu spülen. Machen Sie sich daher auf strenge Kontrollen gefasst“, bekräftigt CONSULTATIO-Partner Wolfgang Zwettler.
Jagd auf Sozialbetrüger
Sonstige Maßnahmen gegen „schwarze Schafe“ haben vor allem den Sozialbetrug im Fokus. Die Behörden wollen in erster Linie Scheinfirmen, Krankenstands- und E-Card-Missbrauch aufdecken. „Hält man derzeit auf der eigens dafür eingeführten „Liste der Scheinunternehmen“ auf der Homepage des Finanzministeriums Nachschau, findet sich allerdings kein einziger Eintrag“, merkt CONSULTATIO-Partner Wolfgang Zwettler an.
Im Visier der Finanzpolizei steht insbesondere die Baubranche. Seit Jahresbeginn 2016 ist es verboten, den Arbeitnehmern die Löhne bar auszuzahlen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die Barzahlung von Rechnungen „geächtet“, die unter die Auftraggeberhaftung fallende Bauleistungen betreffen. Fließen hier mehr als 500,- Euro, lässt sich eine solche Barzahlung nicht mehr als Betriebsausgabe absetzen. Die privaten „Häuslbauer“ will der Fiskus schärfer kontrollieren, um die Schwarzarbeit rund um die Eigenheime einzudämmen.
Deutlich mehr Prüfer
„Die Kampfmaßnahmen des Finanzministers gehen noch weiter“, so CONSULTATIO-Partner Zwettler. Spezielle Teams sollen dem Karussellbetrug bei der Umsatz- und der Mineralölsteuer den Garaus machen. Finanzämter bekommen eine neue Analyse-Software und künftig sollen der Datenaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden noch besser werden. Personell rüstet der Fiskus deutlich auf: Bis 2020 werden 500 Mitarbeiter die Prüfer-Task-Force verstärken.
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