Versicherungen

Altersarmut und Eurokrise: Was unsere Renten noch wert sind

Der Bundesverband der Rentenberater e.V. fordert: „Der Staat muss die gesetzliche Rente aktiv stärken!“ Anfang 2010 gab es in der EU rund eine halbe Milliarde Menschen, davon bereits 87 Millionen Senioren im Alter von 65 Jahren und darüber. Und der Anteil der Senioren wird in den kommenden Jahren weiter steigen.

Die deutschen Sozialsysteme stehen im internationalen Ranking noch vergleichsweise gut da – hier bekommen z.B. über 50% der Männer 1.000,- Euro und mehr Rente. Aber Altersarmut trotz Rente ist keine Schreckensvision der Zukunft, sie ist bei uns längst Realität: Etwa 75% der Rentnerinnen müssen mit weniger als 750,- Euro im Monat auskommen (s. Grafik 1).

Die gesetzliche Rentenversicherung (gRV) ist immer noch leistungsfähig, wurde aber durch Entscheidungen der Politik in den vergangenen Jahren immer mehr beeinträchtigt. Altersarmut in Deutschland lässt sich nach Einschätzung des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. nicht durch die Förderung der privaten Vorsorge vermeiden, schon weil Niedriglohnempfänger dafür gar keine Reserven haben. Der Bundesverband der Rentenberater fordert daher die gesetzliche Rente zu stärken, z.B. durch Anhebung des Rentenniveaus und Regelungen gegen Niedriglöhne. Die größten Risiken für unser Rentensystem sind:

Umverteilung von gRV zu Riester u.a. privater oder betrieblicher Vorsorge
Weitere Absenkung des Rentenniveaus auf 43%
Inflationsgefahr und Kaufkraftverlust wegen der Eurokrise

Seit Jahren fördert der Staat die private Vorsorge – mit verheerenden Folgen, wie unlängst auch Bundesarbeitsministerin von der Leyen festgestellt hat. Das Niveau der gesetzlichen Rente liegt historisch niedrig bei 51% und soll noch auf 43% sinken, selbst mittlere Einkommensgruppen werden von der Rente allein nicht leben können.

Was sie verschweigt: Diese Entwicklung hat die Bundesregierung selber verursacht. „Das ist so, als ob einer Feuer legt und dann ruft: Hilfe, es brennt!“, sagt Martin Reißig, der Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater e.V.

Denn: Durch Entgeltumwandlung, also den Verzicht auf einen Teil des Gehaltes zugunsten der Altersvorsorge, wurden und werden der gesetzlichen Rente massiv Beiträge entzogen. Beispiel Betriebsrente: Wer in eine Betriebsrente einzahlt, senkt sein Bruttogehalt. Er zahlt dann weniger Beiträge in die Rentenkasse.

Dazu kommt: Auch der Arbeitgeber zahlt geringere Rentenbeiträge. Die Folge: Die Kassen sind leer, es gibt weniger gesetzliche Rente. Und: Statt in der Rentenkasse landet das Geld bei den Versicherungen. Die Konzerne haben rund 45 Milliarden Euro Beiträge und staatliche Zulagen eingesammelt.

Dagegen wäre nichts zu sagen – wenn die privaten Vorsorgesysteme besser wären als die gesetzliche Rentenversicherung. „Sind sie aber nicht“, rechnet Martin Reißig, der Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. vor. „Die gesetzliche Rente ist durch die private Vorsorge schon mal niedriger. Das muss die Betriebsrente dann also mehr erwirtschaften. Dann müssen für die Betriebsrente in der Regel auch noch rund sieben Prozent mehr Krankenkassenbeiträge gezahlt werden als in der gesetzlichen Rentenversicherung.“

Hier müsste die private Versicherung also auch etwas drauflegen, um besser zu sein.
„Und dann“, so Reißig weiter, „wollen die Versicherungsvertreter, die diese Produkte verkaufen, ja auch eine Provision haben. Letztendlich muss also so ein privater Vertrag 12 bis 15 Prozent besser laufen, als die gesetzliche Rentenversicherung, damit der Arbeitnehmer am Ende genauso viel in der Tasche hat. In Zeiten der Finanzkrise ist das völlig unrealistisch.“

Die Folgen dieser Rentenpolitik: Auch wer viele Jahre lang durchschnittlich verdient hat (aktuell 32.446,- € jährlich brutto, bzw. 2.703,- € monatlich brutto), erhält schon jetzt, bei einem Rentenniveau von 51 %, nur eine geringe Altersrente. Von diesen Bruttorenten sind noch rund 10 % Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abzuziehen. Jedem muss klar sein, dass bei einer weiteren Absenkung des Rentenniveaus die Beträge aus der gRV noch weiter sinken.

             Brutto     Netto

30 Jahre 842,10 € 757,89 €

35 Jahre 982,45 € 884,21 €

40 Jahre 1.122,80 € 1.010,52 €

45 Jahre 1.263,15 € 1.136,84 €

* aktueller Rentenwert West, vor Steuern

„Das Förderprogramm für private Vorsorge ergibt in weiten Teilen überhaupt keinen Sinn“, sagt Reißig. „Wenn ein Durchschnittsverdiener 2% seines Bruttogehaltes von 2.700,- Euro in eine Betriebsrente steckt, dann bekommt er zusätzlich vom Staat 400,- Euro. D.h. pro Jahr werden rund 1.000,- Euro eingezahlt. Wer heute 40 ist, bekommt zum Renteneintritt in 27 Jahren daraus eine garantierte Betriebsrente von 109,- Euro. Das gleiche Geld in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, ergäbe eine zusätzliche Rente von 119,- Euro. Und das mit Absicherung bei Krankheit und für Hinterbliebene.“

Was sind die Renten in Deutschland noch wert?

Im Jahre 2001 bedeutete eine Rente von 2.400,- DM ein auskömmliches Einkommen. Heute im Jahr 2012 ergäbe sich aus den gleichen Berechnungsgrundlagen – Beitragshöhe und Arbeitsjahre – eine Rente von ca. 1.300,- EURO, also rund 2.600,- DM. Obwohl der Rentenbetrag höher ist, ist der Wert dieser Rente durch Kaufkraftverlust massiv gesunken.

Aufgrund der Differenz zwischen geringen Rentenanpassungen und höherer Inflation wird der Rentenbetrag in 10 Jahren noch viel weniger Wert sein.

Alle europäischen Staaten stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Die Menschen werden immer älter, die Arbeitsstrukturen ändern sich, die Abhängigkeit von globalen Entwicklungen wird größer.

Länder wie Griechenland oder Spanien benötigen schon jetzt viel Geld, auch um ihre eigenen Sozialsysteme zu stärken. Schon bald können noch andere Euro-Staaten, wie Italien und Frankreich, dazu kommen. Also wird es weitere Forderungen an die Europäische Gemeinschaft in Milliardenhöhe geben. Deutschland kann sich seinen Verpflichtungen nicht einfach entziehen und hat einer höheren Inflationsrate im Euroraum nichts entgegenzusetzen.

Hier sieht der Bundesverband der Rentenberater e.V. die größten Risiken und einen direkten Zusammenhang zwischen der gemeinsamen europäischen Verantwortung und dem Wertverlust für deutsche Renten.

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