Der Stellenwert von Nachhaltigkeitskriterien in der Gesellschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zugenommen. Ausgehend von politischen Initiativen etwa für mehr Umweltschutz und bessere Arbeitsbedingungen ist in der Folge auch die Erwartung an Unternehmen gestiegen, ökologische, ethische und soziale Aspekte in ihrem Geschäftsbetrieb stärker zu berücksichtigen. Die Entwicklung berührt auch die Versicherungsbranche. Anteilseigner und Öffentlichkeit fordern von den Unternehmen vermehrt eine stärkere Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten.
Im gegenwärtigen Zinsumfeld kommt einer möglichst breit gestreuten und mit Blick auf Risiko und Rendite optimierten Kapitalanlage eine große Bedeutung zu. Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Kapitalanlage steht grundsätzlich nicht im Widerspruch zum Ziel der Versicherer, für ihre Kunden eine angemessene risikoadjustierte Rendite zu erwirtschaften. Eine große Zahl von wissenschaftlichen Studien zeigt keine signifikanten Vor- oder Nachteile, die mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Kapitalanlage verbunden wären. Nachhaltigkeitsaspekte können die Investitionsentscheidung der Versicherer daher sinnvoll erweitern, haben sich aber immer den übergeordneten gesetzlichen Regelungen im Versicherungsaufsichtsgesetz und nach Solvency II unterzuordnen.
Eine freiwillige Verbreitung nachhaltiger Investitionsstandards ist wünschenswert. Um der Diversität unterschiedlicher Wertevorstellungen und der großen Dynamik in der internationalen Diskussion bei diesem Thema gerecht zu werden, sollte es jedoch keine gesetzliche Verpflichtung zur Berücksichtigung solcher Standards geben. Stattdessen muss letztlich jedes Unternehmen selbst abwägen, ob und in welchen Umfang es ESG-Kriterien in der Kapitalanlage berücksichtigen will.