Makler und Versicherer stehen vor der Frage, in welchen Anwendungsszenarien ein mobiler Zugriff auf Daten und Funktionen sinnvoll ist – und in welchen nicht.
Keine andere Technologie hat für das Vertriebs- und Kundenmanagement in der Assekuranzwirtschaft derzeit einen so hohen Stellenwert wie mobile Anwendungen beziehungsweise mobiler Zugriff auf bestehende Online-Lösungen: 83 Prozent aller Versicherungen und 71 Prozent der Makler haben entsprechende Investitionen für die nächsten zwei Jahre geplant. Dies geht aus einer Umfrage für den Branchenkompass Insurance 2015 von Sopra Steria Consulting hervor. Danach wollen bereits kurzfristig 77 Prozent der Versicherer und 54 Prozent der Makler in mobile Apps oder in die Mobilisierung bestehender Online-Anwendungen investieren. Das wichtigste Motiv dafür: Mit mobilen Technologien wollen sich Versicherungsunternehmen neue Wege zum Kunden erschließen und ihre Attraktivität insbesondere für die junge, technikaffine Kundengeneration erhöhen.
Lars Matzen, Business Unit Manager Insurance bei Sopra Steria Consulting, rät indes zu einer differenzierten Betrachtung der Studienergebnisse: „Die aktuellen Mobilitätszahlen werden nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Digitalisierungswelle in der Versicherungsbranche verständlich. Bislang verfügt noch keine Gesellschaft über eine mobile Killer-Applikation, und die Zeit reiner Marketing-Apps ist definitiv vorbei.“
Konkrete Bedeutung für das Geschäft haben mobile Anwendungen heute vorwiegend in kontaktintensiven Sparten wie der Krankenversicherung. Denn dort treibt Mobilität die Daten- und Prozessintegration weiter voran – zum Beispiel, indem Versicherte ihre Rechnungen per App einreichen und anschließend den jeweiligen Bearbeitungsstand mobil nachverfolgen können. Weitere Anwendungsszenarien ergeben sich hauptsächlich in der Vertriebskette, etwa durch einen mobilen Makler- und Vermittlerzugriff auf die Kernsysteme assoziierter Versicherungsgesellschaften. Auch andere Dienstleister können von dieser Art der mobilen Prozessoptimierung profitieren, da per Mobilität schnellere Leistungszusagen auf Basis situativer Prüfungen möglich werden. Dabei ist generell darauf zu achten, dass die Akzeptanz mobiler Apps umso höher ist, je mehr spezifische Leistungsmerkmale mobiler Endgeräte wie Kamera- oder GPS-Funktionen integriert sind, um einen echten Mehrwert für die Anwender zu schaffen.
„Das persönliche Kontaktbedürfnis beschränkt sich bei den meisten Kunden auf den Schadensfall. Mobile Lösungen sollten daher nicht überwertet werden. Ihr größtes Potenzial liegt in der Verbesserung der Servicequalität und in höherer Kosteneffizienz aufgrund optimierter Prozessschnittstellen“, sagt Lars Matzen. Gestützt wird diese kritische Sichtweise durch eine Verbraucherbefragung von Sopra Steria Consulting aus dem Jahr 2014, der zufolge mobile Versicherungs-Apps nur wenig Resonanz in der Online-Bevölkerung finden. Lediglich einer von zehn Befragten nutzt das mobile App-Angebot der Versicherungsbranche.