Ortskundige Autofahrer haben mehr Verantwortung
Ereignet sich bei einem Überholvorgang eine Kollision und wäre der Unfall für beide Fahrzeuge vermeidbar gewesen, so kann sich aus der Ortskundigkeit des einen Fahrers dessen überwiegende Verantwortlichkeit für den Unfall ergeben. Konkret ging es um einen Verkehrsunfall zwischen einem Lkw und einem Pkw, der sich auf einer Kreisstraße ereignete. Der Fahrer des Pkw wollte zwei vor sich fahrende Lkw überholen. Als er den ersten Lkw überholt hatte und sich auf der Höhe des zweiten befand, verengte sich die Fahrbahn und es kam zu einer Streifkollision zwischen dem Lkw und dem Pkw.
Um den genauen Unfallhergang zu klären, hat das Gericht ein technisches Sachverständigengutachten eingeholt. Hierin wurde festgestellt, dass sich der Lkw während des Überholvorgangs vom rechten Fahrbahnrand nach links bewegte, sodass sich der Seitenabstand der beiden Fahrzeuge auf 0,2 bis 0,4 Meter verringert hatte. Überdies konnte der Sachverständige nicht ausschließen, dass sich auch der Pkw unmittelbar vor der Kollision um 10 bis 15 Zentimeter nach rechts bewegt und dadurch den ohnehin geringen Seitenabstand zum Lkw weiter reduziert hat. Laut Gutachter wäre der Unfall jedenfalls für beide Fahrzeuge vermeidbar gewesen: Der Lkw hätte stets am äußersten rechten Fahrbahnrand fahren müssen, der Pkw hätte stark bremsen und nach links lenken müssen. Das aufgerufene Gericht hat deshalb angenommen, dass sowohl der Fahrer des Lkw als auch der des Pkw eine Mitschuld am Unfall haben. Es hat dem klagenden Pkw-Fahrer nur 40 % seines erlittenen Schadens zugesprochen. Nach Ansicht des Gerichts trägt der Fahrer des überholenden Pkw die größere Schuld. Denn er habe als ortskundiger Fahrer die Verengung der Fahrbahn gekannt und den erforderlichen Seitenabstand nicht eingehalten, erklären ARAG Experten (AG Ansbach, Az.: 3 C 775/16).
Hohe Bußgelder für Wiederholungstäter
160 Euro und ein Monat Fahrverbot für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 Stundenkilometern. Eine eigentlich viel zu hohe Strafe. Nach Bußgeldkatalogverordnung hätte der Mann lediglich 80 Euro zahlen müssen. Doch die ARAG Experten weisen darauf hin, dass es durchaus üblich und zulässig ist, Wiederholungstäter bei Verstößen im Straßenverkehr im Einzelfall auch härter zu bestrafen und ihnen damit einen Denkzettel zu verpassen. Und den hatte dieser Fahrer durchaus verdient, denn er wurde in den letzten vier Jahren bereits in acht Fällen wegen zu hoher Geschwindigkeit verurteilt und hatte in dieser Zeit fünfmal ein einmonatiges Fahrverbot kassiert. Die Verdopplung der Strafe sollte ihn daher zur Besinnung bringen (Amtsgericht München, Az.: 911 OWi 437 Js 150260/16).
Blaulicht allein reicht nicht
In einem Einsatz war ein Polizeiwagen nur mit Blaulicht bei Rot in eine Kreuzung eingefahren. Ein Autofahrer aus dem Querverkehr, der ganz regelkonform bei Grün losgefahren war, konnte gerade noch bremsen, als er das Polizeifahrzeug sah. Doch für seinen Hintermann kam die Vollbremsung zu plötzlich und er krachte ihm ins Heck. Da das Polizeifahrzeug nur mit Blaulicht und ohne Martinshorn unterwegs war, klagte der Angefahrene und bekam zum Teil Recht. Auch wenn sich der Polizist auf einem Einsatz befunden habe, müsse er das Martinshorn einschalten, wenn er von seinen Sonderrechten Gebrauch machen wolle. Beide Parteien hafteten zu jeweils 50 Prozent (KG Berlin, Az.: 12 U 50/04). In einem ganz ähnlichen Fall hat das angerufene Landgericht die Mitschuld des Rettungswagenfahrers auf lediglich zehn Prozent der Gesamtschadenssumme beziffert. In der nachfolgenden Instanz legte das zuständige Oberlandesgericht aber auch hier eine 50-prozentige Mitschuld fest (OLG Düsseldorf, Az.: I-1 U 46/16).
Gekauft wie gesehen
Wird bei einem privaten Gebrauchtwagenkauf im Kaufvertrag zum Zweck des Gewährleistungsausschlusses die Formulierung „gekauft wie gesehen“ verwendet, erfasst der Ausschluss nur solche Mängel, die ein Laie bei einer Besichtigung erkennen kann. Die Klägerin kaufte im konkreten Fall von privat einen gebrauchten Peugeot für gut 5.000 Euro. Nach einiger Zeit wollte sie das Fahrzeug zurückgeben und ihren Kaufpreis zurückerhalten. Sie behauptete, das Fahrzeug habe einen erheblichen Vorschaden, von dem sie beim Kauf nichts gewusst habe. Der Verkäufer bestritt einen Vorschaden und berief sich außerdem auf die Formulierung im Kaufvertrag „gekauft wie gesehen“, mit der Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden seien. Das Landgericht Aurich gab der Klägerin Recht. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs, denn der Pkw habe nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden aufgewiesen. Die Formulierung „gekauft wie gesehen“ schließt einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin nicht aus, denn diese Formulierung gelte nur für solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen könne, so die ARAG Experten (OLG Oldenburg, Az: 9 U 29/17).
(ARAG)