Eine Stichprobe hat es gerade erst gezeigt: Immer wieder vermitteln Berater Finanzprodukte, ohne dafür die Erlaubnis zu besitzen. Das Ergebnis der kurzen Analyse, die die Verbraucherzentrale Hessen im Rahmen des Projektes Marktwächter Finanzen erstellt hat, ist bemerkenswert, denn unter 25 Finanzberatern vermittelten immerhin sechs Produkte, für die sie keine Zulassung vorweisen konnten. Nachdenklich stimmt dieses Resultat allerdings nicht nur Verbraucher, sondern ebenso Berater – und Vertriebsorganisationen sowie Maklerpools. Denn je nach Lage des Falls haften sie, berichtet FONDS professionell.
„Schlimmstenfalls können Kunden sogar Schadensersatzansprüche gegenüber dem Geschäftsführer eines Pools oder Vertriebs geltend machen“, erklärt Oliver Korn, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft in Berlin. Umso wichtiger ist es, dass der einzelne Finanz-Profi genau weiß, welche Anlageprodukte er mit seiner Zulassung an den Verbraucher bringen darf – und welche nicht. Denn: In den meisten Fällen geschieht eine Beratung oder Vermittlung ohne Zulassung nicht absichtlich, sondern aus Unwissenheit.
Ehemalige Graumarkt-Produkte im Auge haben
Wie die Stichprobe der Verbraucherzentrale Hessen gezeigt hat, kommt ein Verkauf ohne notwendige Erlaubnis besonders häufig bei Produkten vor, die bis vor kurzem noch zum sogenannten Grauen Kapitalmarkt gezählt wurden, etwa Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen oder Genussrechte. „Diese Finanzinstrumente sind mit dem Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes im Juli 2015 reguliert worden“, erklärt Rechtsanwalt Korn. Seitdem benötigen Berater und Vermittler – genauso wie bei Investmentfonds – zumindest eine Zulassung nach Paragraf 34 f Gewerbeordnung (GewO), wenn sie solche Produkte in ihrem Portfolio haben. Das sollte nicht übersehen werden.
„Zuweilen kommt es auch vor, dass Berater mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO mit einem Kunden über sein Fonds-Depot sprechen und ganz nebenbei auch einen paar Tipps zu einzelnen Aktien abgeben“, weiß Korn. Auch das ist bereits eine Beratung ohne entsprechende Zulassung. Der Grund: Die Erlaubnis nach Paragraf 34 f GewO gilt für Vermögensanlagen, jedoch nicht für Wertpapiere wie Aktien oder Zertifikate.
Wer darüber beraten oder solche Papiere vermitteln möchte, benötigt eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz (KWG). „Eine andere Möglichkeit ist es, als vertraglich gebundener Vermittler unter einem Haftungsdach zu arbeiten“, sagt Korn.
Bußgeld oder Strafe?
Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. „Wie diese genau ausfällt, hängt vom Einzelfall ab“, erklärt Korn. Der Paragraf 54 KWG definiert eine Anlageberatung und die Vermittlung von Finanzprodukten ohne Erlaubnis als Straftat. „Nach Paragraf 144 Gewerbeordnung aber ist eine solche Beratung oder Vermittlung lediglich eine Ordnungswidrigkeit“, sagt der Experte. Wer über eine Erlaubnis nach Paragraf 34 f GewO verfügt und über den erlaubten Bereich hinaus berät, könnte also darauf spekulieren, lediglich mit einem Bußgeld davon zu kommen. Doch Vorsicht: „Paragraf 21 des Ordnungswidrigkeitsgesetzes besagt, dass eine Straftat die Ordnungswidrigkeit verdrängt“, sagt Anwalt Korn. Damit müssen auch 34f-Berater mit einer Strafe rechnen, wenn sie die Grenzen ihrer Zulassung überschreiten.
Das ist noch nicht alles. „Die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung kommt nicht für Schäden auf, wenn Berater und Vermittler ohne Erlaubnis arbeiten“, erklärt Korn. Ob sie dies absichtlich oder versehentlich tun, sei unerheblich. Zudem begehen Versicherte damit eine sogenannte Obliegenheitsverletzung. „Die kann dazu führen, dass die Versicherung den Vertrag kündigt“, sagt Korn. Unter solchen Umständen ist es auch nicht einfach, einen neuen Versicherer zu finden.
Pool-Logo auf Visitenkarten kann reichen
Schließlich kann sogar ein Maklerpool oder eine Vertriebsorganisation haften, wenn ein angeschlossener Berater ohne Zulassung berät oder vermittelt. „Das ist dann der Fall, wenn der Berater oder Vermittler als Erfüllungsgehilfe des Pools oder Vertriebs auftritt“, erklärt Korn. Damit ein Gericht ihn als solchen einstuft, kann es schon reichen, dass er etwa das entsprechende Logo auf seiner Visitenkarte führt oder sichtbar die Software seines Pools nutzt.
„Dann kommt es darauf an, wie das Innenverhältnis zwischen Berater und Pool oder Vertriebsorganisation aufgebaut ist“, sagt Experte Korn. Im ungünstigsten Fall kann der Endkunde Schadensersatzansprüche direkt gegenüber dem Pool oder Vertrieb geltend machen. „Und diese können selbst Geschäftsführer persönlich treffen“, sagt Korn. (am)
Quelle: FONDS professionell