Im letzten Jahr hat sich die Versicherungsbranche durch die digitale Transformation, neue Technologien und innovative Software-Plattformen stark gewandelt. Im kommenden Jahr werden sich diese Trends noch weiter ausdifferenzieren.
Des Weiteren zeichnet sich in diesem Jahr ein neuer Trend ab, der die Spreu vom Weizen in der Versicherungsindustrie trennen wird: Eine radikale Abkehr von veralteten On-Premise-Systemen hin zu cloudbasierten Standardsystemen spezialisierter Anbieter.
Versicherer auf dem Weg in die Cloud
Um Kapazitäten für ihr Kerngeschäft freizumachen, befinden sich die meisten Versicherer auf dem Weg, ihre IT deutlich zu verschlanken und zu vereinfachen. Der erste Schritt wurde schon durch die Digitalisierung eingeläutet. Im kommenden Jahr wird sich allerdings abzeichnen, dass der einzig logische nächste Schritt in die Cloud führt.
Der Vorteil von cloudbasierten Lösungen liegt dabei auf der Hand: Versicherer können durch die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Partner sämtliche Verantwortlichkeiten in die Hand des Anbieters legen. Nach dem selben Muster, wie SaaS-Lösungen betrieben werden, kümmert sich der externe Partner sowohl um den Betrieb des Systems, um Updates, Compliance aber auch das Thema Datensicherheit.
Viele Versicherer haben den Schritt in die Cloud aufgrund des undurchsichtigen Dschungels an EBA- und BaFin-Richtlinien noch nicht gewagt. Es herrscht viel Unsicherheit bezüglich Datenverarbeitung und -speicherung auf Servern, speziell was den Standort der jeweiligen Datenzentren betrifft. Ziel dieser durchaus sinnvollen Richtlinien ist stets ein vollumfänglicher Datenschutz. Ein erfahrener Servicepartner, der sämtliche behördlichen Voraussetzungen von EBA und BaFin erfüllt, ebnet den Weg in die Cloud erheblich.
Kundenzentrierung gewinnt weiter an Relevanz
Was in den vergangenen Jahren überwiegend von jungen Digital Natives gefordert wurde, ist mittlerweile bei der breiten Masse angekommen. Allerdings hat die Entwicklung hier bereits eine weitere Evolutionsstufe erreicht. Statt dem Digital-First-Prinzip gilt neuerdings das Convenience-First-Prinzip. Das zeigt sich dadurch, dass sämtliche Stakeholder State-of-the-Art-Features wie beispielsweise intuitive Anwendungen und Omnichannel-Verfügbarkeit voraussetzen. Das zieht zum einen veränderte Distributionsarten von Versicherungen nach sich, andererseits auch eine völlig neue Sichtweise auf Versicherungsprodukte selbst.
Der Kunde erwartet, dass die Produkte den geänderten Ansprüchen einer Generation gerecht werden, die völlig andere Lebensgewohnheiten hat. Besonders die Generation Car Sharing wird mittelfristig mit Sicherheit innovative Versicherungsangebote wie beispielsweise Pay-as-you-drive-Lösungen oder ähnliche personalisierte Modelle einfordern.
Künstliche Intelligenz
Der Abschluss einer Versicherungspolice ist ein ebenso emotionaler Akt wie der Kauf anderer Produkte. Während bei Kaufentscheidungen zu Konsumgütern in der Regel allerdings positive Emotionen im Spiel sind, sichert man sich im Falle einer Versicherungspolice gegen eventuelle Katastrophenszenarien ab.
Der Kunde kauft die Sicherheit, im Bedarfsfall bestmöglich versorgt zu sein. Gerade deshalb scheint der Abschluss einer Versicherung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz, eines auf KI basierenden virtuellen Assistenten zum Beispiel, menschliche Kompetenzen nicht in allen Fällen vollumfänglich ersetzen zu können.
Künstliche Intelligenz ist derzeit noch nicht immer in der Lage, sich an den selben ethischen Maßstäben wie ihr menschliches Pendant messen zu lassen. Außerdem erfüllen persönliche Betreuung und Beratung durch einen freundlichen Mitarbeiter, vor allem im Falle schwerwiegender Versicherungsfälle, das natürliche Bedürfnis nach Sicherheit und Verständnis.
Die Weiterentwicklung anhand von Machine Learning erfolgt allerdings in rasantem Tempo. Im Bereich Betrugserkennung hat sich KI beispielsweise bereits jetzt flächendeckend etabliert. Die umfassende Integration von Betrugsanalysen sowie Predictive Analytics in den Schadenprozess liefert Schadenregulierern für zeitkritische Transaktionen automatisiert Informationen in Echtzeit. Smarte Analysemethoden verhindern so Wettbewerbsnachteile und tragen zu fairem Pricing sowie, damit verknüpft, einer erhöhten Kundenzufriedenheit bei.
Der Mensch bleibt im Fokus
Trotz einer weiteren Zunahme des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz sind Arbeitsplätze in der Versicherungsbranche nicht bedroht. Anstatt Arbeitskräfte zu ersetzen, zielen datengetriebene Einsichten viel mehr darauf ab, Mitarbeiter zu konsistenten Entscheidungsprozessen zu führen und sie dadurch zu entlasten.
Künstliche Intelligenz ist lediglich Werkzeug für Mitarbeiter und nicht deren Substituent. Kunden sehen sich hierdurch einem immer vertrauenswürdigeren Partner gegenüber, der sie auf validen Daten basierend, umfassend berät. Das widerum fördert Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit gleichermaßen.
Versicherer müssen ihr Geschäftsmodell reflektieren und anpassen
Um in der Versicherungsindustrie weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben, ist es unumgänglich, das eigene Geschäftsmodell immer wieder zu reflektieren und den Bedürfnissen der Kunden anzupassen. Viele Verbraucher erwarten, dass Versicherungen bereits in anderen Produkten, beispielsweise einem gebuchten Linienflug, inkludiert sind. Dies mag für Versicherer zunächst wie eine Bedrohung wirken, da das Versicherungsprodukt in solchen Fällen vom primären Produktanbieter verdeckt wird.
Außerdem befürchten Versicherer durch diese Praxis eine Schwächung ihrer Marke, da sie lediglich als „unsichtbare Anbieter“ fungieren. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass sich durch veränderte Kundenanforderungen auch völlig neue, noch nicht erschlossene Vertriebswege und Kooperationsmöglichkeiten für Versicherer ergeben.
(Guidewire Software)