Wirtschaft

Aktueller Blick auf die Märkte: Trump regiert – die Märkte reagieren

Der Aufschrei hierzulande war groß, als Trump-Berater Peter Navarro in der vergangenen Woche Deutschland die Ausbeutung der USA und den Export von Deflation aufgrund eines vermeintlich unterbewerteten Euro vorwarf.

US-Dollar + Euro

 

Einen Tag nachdem das ifo-Institut berechnet hatte, dass Deutschland China in der Rangliste der Länder mit dem weltweit größten Leistungsbilanzüberschuss in 2016 wieder auf Platz zwei verdrängt hat, sah Merkel sich gezwungen, der neuen US-Regierung das Unabhängigkeitsprinzip der EZB zu erläutern.

Dass Deutschlands Exporteure von einem schwachen Euro profitieren, ist jedoch ein Fakt und die Gefahr, dass Trump gegen alle Widerstände Ernst macht mit der Erhebung von Zöllen auf Importe aus Ländern, mit denen die USA ein Außenhandelsbilanzdefizit aufweisen, sollte ein Stück weit ernst genommen werden. Allerdings muss sich auch der neue US-Präsident darüber im Klaren sein, dass er die Stärke des Dollar durch seine konkreten Pläne einer Steuerreform bzw. Infrastrukturprogramms selbst befeuert.

Gegenwind für den Dollar kam von Seiten der Federal Reserve. Zwar hatte in der vergangenen Woche kaum jemand ernsthaft mit einer weiteren Zinsanhebung gerechnet. Angesichts der zuletzt robusten Makrodaten aus den USA war es dann aber doch etwas erstaunlich, dass sich Yellen & Co so gar keinen Hinweis abringen konnten, ob es auf der nächsten Sitzung im März einen nächsten Zinsschritt geben wird.

Einige Anleger fühlten sich daher prompt an die vergangenen Jahre erinnert, als die Federal Reserve ebenfalls mit der Prognose gleich mehrerer Anhebungsschritte in das Jahr startete, dann aber lediglich jeweils eine lieferte. Kein Wunder, dass die vom Markt taxierte Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im März erst einmal deutlich auf 18 Prozent fiel. Mehrheitlich rechnet der Markt aber dennoch weiterhin mit zwei Anhebungen in 2017 – eine durchaus realistische Einschätzung, wie wir finden. Für mehr wird es aus heutiger Sicht kaum reichen.

Neben der Gefahr eines zu starken Dollars spricht sicher auch der hohe Schuldenberg in den USA – auf öffentlicher und privater Ebene – für eine vorsichtige Vorgehensweise. Wahrscheinlich ist zudem, dass die US-Notenbank genauso wenig wie wir zu wissen scheint, welche konjunkturstimulierenden Maßnahmen Trump tatsächlich umsetzen wird. Sich heute nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, erscheint somit als durchaus ratsame Strategie.

Zu weit aus dem Fenster könnte sich allerdings Francois Fillon gelehnt haben, als er sich als moralisch einwandfreier Präsidentschaftskandidat inszenierte. Ob er seiner Frau und seinen Kindern nun zu Recht oder zu Unrecht ein durchaus ansehnliches Gehalt auf Staatskosten gezahlt hat, bleibt abzuwarten. Seinen Chancen, der nächste Präsident unseres Nachbarlandes zu werden, haben diese Spekulationen allerdings bereits jetzt massiv geschadet.

Größter Nutznießer des vermeintlichen Skandals um Fillon war laut Umfragen – und das dürfte Anleger aufatmen lassen – Emmanuel Macron und nicht etwa Marine Le Pen. Der junge linksliberale Shooting-Star der französischen Politik verfügt in der jetzt anbrechenden heißen Phase des Wahlkampfes eindeutig über das größte Momentum und würde, wenn man Meinungsforschern Glauben schenkt, in einer Stichwahl gegen Le Pen deutlich mit 65 zu 35 Prozent gewinnen. Stand heute ist er damit der Top-Favorit auf das Präsidentenamt, was er sicherlich auch der Tatsache zu verdanken hat, dass er nicht schon seit Jahren der unbeliebten Politikerkaste angehört.

Die Frage, welche zwei Kandidaten es in die Stichwahl schaffen, ist jedoch extrem spannend geworden, da die Hürde, um die zweite Runde der Wahl zu erreichen, aufgrund der Schwäche Fillons nur noch bei knapp über 20 Prozent liegt. Selbst Hamon, der Kandidat der Sozialisten, wittert auf einmal wieder Morgenluft. Er kann möglicherweise auf die Unterstützung des ultra-linken Lagers um Jean-Luc Mélenchon zählen. Beide Kandidaten kommen zusammen auf rund 26 Prozent der Stimmen in den Umfragen.

Was bedeutet das für Anleger?

Die scharfe Rhetorik von „Team-Trump“ in Richtung der Bundesregierung und die zögerliche US-Notenbank haben dem US-Dollar in der letzten Woche Gegenwind ins Gesicht geblasen. An eine langanhaltende Schwäche des Greenbacks glauben wir allerdings dennoch nicht. Vor allem die Marktkräfte, die von dem großen transatlantischen Zinsunterschied entwickelt werden, deuten in Richtung eines weiterhin starken US-Dollar.

Eine schwache Gemeinschaftswährung ist neben unserer Vermutung, dass wir in der näheren Zukunft weitere positive Überraschungen in puncto Inflation und Wachstum aus Europa erleben werden, ein wichtiges Argument für unsere Entscheidung gewesen, europäische Aktien nun mit „übergewichten“ einzustufen. Die Gewinnerwartungen für europäische Unternehmen werden dieser Tage – im Gegensatz zu den Vorjahren – nicht nach unten korrigiert, die Zinsen bleiben niedrig und Anleger sind weltweit in europäischen Aktien untergewichtet, sodass Spielraum nach oben besteht. Gut möglich, dass auch das Offenlegen der Zahlen für das vierte Quartal in Europa in dieser Woche das Bild weiter aufhellt.

Und auch die eingepreisten politischen Risiken scheinen überzogen. Da wir unter dem Strich mit einem marktfreundlichen Ausgang der Wahl in Frankreich rechnen und gute Chancen für eine reformfreudige neue französische Administration sehen, sollte europäischen Aktien eine prominentere Position in den Portfolios eingeräumt werden.

(von Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock)

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