Wirtschaft

„Alles ändert sich, aber nichts verändert sich“

von Guillaume Brisset, Partner und Fondsmanager bei Clartan Associés

Free-Photos / Pixabay

Die Covid-19-Pandemie hat Politik, Wirtschaft und Finanzmärkte mit ihrem Ausmaß und ihrer Geschwindigkeit überrollt. Damit die Rezession nicht in eine Depression ausartet, haben die Zentralbanken und Staaten massive geld- und haushaltspolitische Maßnahmen ergriffen. In einigen Ländern der Welt verlangsamen sich die Infektionszahlen mittlerweile und es wird über die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeiten und des öffentlichen Lebens diskutiert. Die Frage ist: Wie nachhaltig ist das Vertrauen der Wirtschaftsakteure erschüttert?

Symmetrische konjunkturelle aber (noch) keine systemische Krise

Aktuell sehen wir Volatilität in Rekordhöhe. Die Schwankung an den Märkten übersteigt selbst jene des Jahres 2008. Der extreme, in dieser Form noch nie dagewesene Schock löste unserer Einschätzung nach eine symmetrisch konjunkturelle, aber keine systemische Krise aus. Die Branchen sind unterschiedlich stark betroffen. Je nach Geschäftsfeld haben die Sektoren des EuroStoxx600 reagiert, aber es gibt Übertreibungen. Für Frankreich sieht es ähnlich aus wie in den anderen Ländern Europas: Während der Lebensmittel- sowie der Gesundheitssektor eine starke Zunahme verzeichnen, mussten beispielsweise die Automobilindustrie und die Luftfahrtbranche ihre Aktivitäten gezwungenermaßen stark einschränken. Hinzu kommt die Achterbahnfahrt am Ölmarkt. Spekulanten, Opec+ und Corona wirken auf den Ölpreis, so dass das hohe Öl-Angebot und der abrupte Nachfragerückgang zu extremen Preisexzessen führen. Auch wenn eine Prognose angesichts der vielen Unbekannten schwierig ist, so denken wir, dass die Konjunktur nach einer durch den exogenen Schock bedingten Phase der Rezession wieder anziehen wird.

Firmen mit gesunden Bilanzen sollten gestärkt aus der Krise hervorgehen

In der Zwischenzeit passen sich die Unternehmen an die neue Situation an. So auch Clartan: Oberste Priorität haben für uns die Gesundheit unserer Mitarbeiter, der Dienst an unseren Kunden und das Kollegialprinzip. Wir konzentrieren uns konsequent darauf, widerstandsfähige Unternehmen ausfindig zu machen, die – weitgehend unabhängig davon, was die Zukunft tatsächlich bringt – die Performance-Treiber von morgen sein werden. Für diese Titel gilt: „Alles ändert sich, aber nichts verändert sich.“

So setzen wir weiterhin diszipliniert unseren „Quality & Value“-Ansatz um. Das heißt, wir identifizieren jene Unternehmen, die trotz des massiv geänderten Umfeldes weiterhin über ein langfristig valides Geschäftsmodell verfügen und entsprechend aussichtsreiches Aufwertungspotenzial bieten. Der Grund: Diese Unternehmen sind unserer Analyse nach ungerechtfertigt stark an der Börse abgestraft worden. Wir sind bei den Investments sehr selektiv. Sehen wir jetzt Chancen, prüfen wir einen vorsichtigen, progressiven Einsatz der Liquiditätsreserven.

Langfristige Investoren, langfristige Trends

Im Kern unserer Investmentstrategie steht der intrinsische Wert der Unternehmen. Unsere Analysen zeigen, dass der Kursabschlag vieler Qualitätsfirmen zuletzt stark zugenommen hat. Abhängig von der Strategie verringerten sich die börslich notierten Aktienpreise im ersten Quartal in Bezug auf die von Clartan antizipierten intrinsischen Werte. Diese Kursabschläge zu den von uns ermittelten intrinsischen Werten der Unternehmen, haben sich durch den börslichen Kursverfall im März je nach Portfolio um 30 bis 95 Prozent erhöht, d.h. zum Teil fast verdoppelt. Das bedeutet, dass das Potenzial der Aufwertung kräftig gestiegen ist. Unserer Meinung nach besteht die beste dauerhafte Krisenabsicherung darin, jene Unternehmen auszuwählen, die Krisen überdauern bzw. sich schnell erholen werden.

Ungeachtet der aktuellen Situation überdauern viele sogenannte Megatrends die Krise. Zwar haben sich aktuell teilweise die Prioritäten verschoben, aber früher oder später werden die Themen wieder ganz oben auf der globalen Agenda stehen. Gemeint sind hier Trends wie Nachhaltigkeit in Bezug auf den Klimawandel, Energiekonsum und das allgemeine Konsumverhalten. Ebenso die demografische Entwicklung, Wohlstandseffekte und die Digitalisierung. Aktuell sind solide Unternehmen, die in ihren Segmenten zu den stärksten globalen Wettbewerbern gehören, zu günstigen Eintrittspreisen verfügbar. Das sind in der Regel besonders defensive Titel und große Weltkonzerne, die global aktiv sind und je nach Lage ihre Geschäfte geografisch steuern können. Als qualitativer Stock-Picker nutzen wir diese Opportunitäten.

(Clartan Associés)

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