Emmanuel Macron hat die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich gewonnen, und zwar mit einem Vorsprung von rund 2,5 Prozentpunkten auf die zweitplazierte Marine Le Pen sogar deutlicher als erwartet.
Das Rennen war in den letzten zwei Wochen zu einem Vierkampf zwischen diesen beiden, dem Konservativen Francois Fillon und dem Linken Jean-Luc Mélenchon geworden, und viele Marktteilnehmer hatten befürchtet, dass es Mélenchon und Le Pen in die zweite Runde schaffen und damit Frankreich vor die Wahl zwischen Pest und Cholera stellen könnten. Dieses Szenario bleibt der Fünften Republik nun erspart. Entsprechend verständlich die erste, erleichterte Marktreaktion.
Genauso wichtig ist es aber, sich nicht allzu sehr in Sicherheit zu wiegen. Zwar haben die Meinungsumfragen diesmal den Ausgang und sogar die Reihenfolge der Platzierungen richtig vorhergesagt. Dennoch könnte die zweite Wahlrunde am 7. Mai knapper werden als viele denken.
Noch vor wenigen Wochen deuteten Umfragen für den Fall einer Stichwahl zwischen Macron und Le Pen auf ein Verhältnis von etwa 70:30 zugunsten Macrons hin. Seitdem ist dieser Vorsprung schon auf etwa 60:40 zusammengeschmolzen, und wir gehen davon aus, dass es noch enger werden könnte.
Ab etwa 55:45 würden dann auch die Umfragen wieder in den Bereich möglicher Messungenauigkeiten gelangen, und entsprechend nervös dürften die Märkte reagieren. Dazu kommt, dass die Wahlbeteiligung in der ersten Runde sehr hoch war.
Für den 7. Mai ist davon auszugehen, dass alle potentiellen Le Pen-Wähler hochmotiviert zur Wahl gehen werden, aber es ist wesentlich weniger sicher, ob das auch für die eher zu Macron neigenden Anhänger zutrifft. Zumindest viele konservative Wähler sehen den jungen Shootingstar eher skeptisch und könnten, selbst wenn sie vor einer Stimmabgabe für Le Pen zurückschrecken, der Wahl doch ganz fernbleiben. Auch die Wahlbeteiligung dürfte also einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang der Stichwahl haben.
Wie auch immer der Ausgang, zumindest dürfen wir im Fall der französischen Präsidentschaftswahl einigermaßen sicher sein, dass der Urnengang fair über die Bühne gegangen ist. Gleiches lässt sich kaum über die andere jüngst erfolgte politische Entscheidung sagen, nämlich das Verfassungsreferendum in der Türkei vom 16. April.
Rund zweieinhalb Millionen nicht eindeutig zuordbare Wahlzettel ließ die Regierung kurzerhand als Ja-Stimmen werten, eine erhebliche, vielleicht am Ende sogar entscheidende Manipulation auf dem Weg zu der knappen Mehrheit, die am Ende Präsident Erdogan seine gewünschte Machtausweitung bescherte…..
Es zeigt es uns, wie schnell in Schwellenländern mit nicht sehr gefestigten Demokratien die Governance geändert werden kann. Von Demokratie über Autokratie zur Diktatur, und das alles in kürzester Zeit. Wie sicher ist da noch das investierte Geld? Die Türkei hat binnen eines Jahres rund ein Drittel ihrer Auslandsinvestitionen verloren – ein Menetekel. Für Anleger ist das eine deutliche Erinnerung, in Zukunft noch genauer hinzuschauen, wenn es nicht nur um ökonomische Opportunitäten und erzielbare Erträge, sondern auch um eventuelle Politikrisiken in eben noch sicher scheinenden Zielländern geht.
Was bedeutet das für Anleger?
Derweil rätselt Kontinentaleuropa weiter über die tatsächlich vorhandene Inflationsdynamik. Zwar hatten die entsprechenden Barometer zum Jahresanfang schon Werte über 2% angezeigt, aber im März war diesem auf Basiseffekten getriebenen Anstieg die Luft ausgegangen.
Nun, im April, rechnen Analysten mit einem erneuten Anstieg auf 1,8% für die Eurozone und 1,9% für Deutschland. Die vorläufigen Daten kommen diese Woche heraus. Werden diese Werte erreicht oder überschritten, dürfte der Druck auf die EZB, ihre Geldpolitik zeitnah zu überdenken, weiter zunehmen.
Zuletzt waren die meisten Direktoriumsmitglieder bestrebt, den temporären Charakter der jüngsten Inflationsbelebung herauszustellen und wiegelten ab, wenn es um höhere Zinsen und/oder geringere Anleihekäufe ging.
Am Donnerstag in der Pressekonferenz dürfte Mario Draghi wieder entsprechend Position beziehen. Zuletzt hatten Draghi und sein Chefvolkswirt Peter Praet auch Marktspekulationen, die EZB könne eventuell als erstes den negativen Einlagesatz anheben, eine Absage erteilt.
Anleger dürften sich diese Botschaft, besonders angesichts der Bedeutung der „Forward Guidance“ im Instrumentarium der EZB, sehr gut gemerkt haben. Entsprechend unmissverständlich müsste es die EZB den Märkten mitteilen, sollten Draghi & Co. sich die Handhabung des Einlagezinses in den nächsten Monaten anders überlegen. (M.L.)