Wirtschaft

„Brexit me if you can“

Unternehmen wären die Leidtragenden eines Brexits Euler Hermes untersucht drei mögliche Szenarien: den Verbleib in der EU (wahrscheinlichstes Szenario), den Brexit mit gleichzeitigem Freihandelsabkommen und den Brexit ohne ein solches Abkommen:

  • Bis zu 30 Mrd. GBP direkte Exportverluste, sinkende Umsätze, fallende Margen aufgrund höherer Finanzierungskosten und ein Abfluss von Investitionsgeldern in Höhe von bis zu 210 Mrd. GBP wären die Folgen
  • Britische Finanzindustrie, Automobilbranche, Maschinenbau, Chemie-, Lebensmittel- und Energiesektoren wären am stärksten betroffen
  • Höhere Importkosten und steigende Finanzierungskosten kämen zudem auf die Briten zu

Vor allem britische Unternehmen würden unter einem Brexit leiden. Zu diesem Schluss kommen die Volkswirte des führenden Kreditversicherers Euler Hermes in ihrer Studie „Brexit me if you can“. Exporte in Höhe von rund 30 Milliarden (Mrd.) Britischen Pfund (GBP) wären für sie in Gefahr, wenn das „Worst-Case-Szenario“ eintreten und Großbritannien tatsächlich aus der Europäischen Union (EU) austreten sollte, ohne zeitgleich ein Freihandelsabkommen mit den Europäern abzuschließen. Das entspricht 8% aller britischen Warenausfuhren. Dies hätte direkten Einfluss auf die Umsätze der Unternehmen im Vereinigten Königreich. Eine erhebliche Kapitalflucht wäre zudem eine Konsequenz: Auf bis zu 210 Mrd. GBP beziffert Euler Hermes die Investitionen, die in den ersten vier Jahren nach dem Referendum verloren gehen würden. Durch die große Unsicherheit des Ausgangs des Referendums dürfte sich bereits im laufenden Jahr das Wirtschaftswachstum im Inselstaat auf 2,1% und im kommenden Jahr sogar auf 1,9% verlangsamen.

Großbritannien bräuchte mindestens 10 Jahre, um die verlorenen Exporte zu kompensieren

„Die Umsätze der britischen Unternehmen würden im Falle eines Brexits pro Jahr um rund 1% schrumpfen“, sagte Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe. „Bei einem Verbleib in der EU – wovon wir derzeit ausgehen – würden sie ab 2017 hingegen um durchschnittlich 4% pro Jahr wachsen. Für einige Unternehmen wäre ein Austritt demnach fatal. Großbritannien bräuchte zudem mindestens zehn Jahre, um die durch einen möglichen Brexit entstehende Lücke bei den Exporten zu schließen – selbst wenn ein Teil durch den Handel mit den Commonwealth Staaten kompensiert werden könnte.“

Finanzplatz London würde Vormachtstellung verlieren, Finanzindustrie bei Brexit mit Einbußen

Besonders die britische Finanzindustrie würde ein möglicher Brexit hart treffen und London würde seine Vormachtstellung bei den führenden europäischen Handelsplätzen einbüßen. Britische Banken könnten nicht mehr von den günstigen Finanzierungsbedingungen der Europäischen Zentralbank (EZB) profitieren und die Bank of England würde die Zinssätze anheben, um die Inflation zu bekämpfen. Für Unternehmen hätten die höheren Finanzierungskosten direkte Auswirkungen auf ihre Gewinnmargen.

Britische Automobilbranche, Maschinenbau, Chemie-, Lebensmittel- und Energiesektor betroffen

Aber auch für die Automobilbranche, die Maschinenbauer, Chemie-, Lebensmittel- und Energieunternehmen wäre der Austritt mit erheblichen Einbußen verbunden, da sie allesamt eine große Abhängigkeit vom europäischen Binnenmarkt haben. 60% der verlorenen britischen Exporte würden auf Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Irland entfallen.

Zölle und weitere Handelsbarrieren wären wahrscheinlich

„Aber nicht nur der britische Export wäre betroffen, sondern auch der Import“, sagte Subran. „Importierte Güter könnten aufgrund der Abwertung des Britischen Pfunds steigen sowie durch neu erhobene Zölle seitens der EU oder Großbritanniens, um die lokale Produktion zu steigern und den Reindustrialisierungsprozess zu beschleunigen. Auch weitere Handelsbarrieren wären denkbar wie neue Produktstandards bei Verpackung, Etikettierung oder Hygienevorschriften. Kombiniert mit starken Abhängigkeiten könnte dies für einige Branchen ein Teufelskreis werden. Die britische Automobilindustrie ist von ihrer Lieferkette beispielsweise komplett von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien abhängig. Ausländische Automobilhersteller hätten ohne die europäische Nachfrage im Rücken zudem keinen Anreiz mehr in Großbritannien zu fertigen.“

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