Wirtschaft

COLUMBIA THREADNEEDLE: INVESTMENTSTRATEGIE (Oktober 2016)

Mark Burgess, CIO EMEA und Global Head of Equities bei Columbia Threadneedle mit einem Kommentar zu empfohlenen Investmentstrategien 2016.

Investmentstrategie

Die globalen Staatsanleihen rentieren zu einem großen Teil weiter nahe der Nulllinie oder sogar im Minus. Der Kreditzyklus scheint sich seinem Ende zu nähern und die britische Währung wertet weiter ab. In diesem Umfeld sind wir zunehmend wachsam, was den Ausblick für Risikoanlagen angeht.

Wir hatten zwar damit gerechnet, dass ein massiver Abzug globaler Anlagegelder aus Anlagen in britischer Währung das Pfund stark unter Druck setzen würde. Tatsächlich hat das Pfund aber stärker an Wert verloren als die Analysten erwartet hatten, und wir rechnen im nächsten Jahr mit einer weiteren Abwertung auf 1,10 US-Dollar. Andererseits haben sich sowohl die Aktien- als auch die Anleihenmärkte besser entwickelt als erwartet, was vor allem an der Fortsetzung der QE-Programme und weiteren Marktinterventionen der Bank of England und der Europäischen Zentralbank liegt.

Wie ich schon im letzten Monat angemerkt habe, wird jedoch zunehmend befürchtet, dass Theorie und Wirklichkeit in der Geldpolitik nicht zusammenpassen, d.h. dass die anhaltenden geldpolitischen Stimulusmaßnahmen nicht die erhoffte Wirkung entfalten, sondern die Märkte genauso schädigen wie sie ihnen helfen. In jedem Fall haben diese Maßnahmen bislang kaum zu einem nennenswerten Produktivitätswachstum geführt. Vor diesem Hintergrund könnten ein Anstieg der Inflation und Zinsen erhebliche Folgen für Risikoanlagen haben, die bislang von der Renditesuche der Anleger profitiert haben.

Die Zentralbanken haben die auf den ersten Blick sehr teuer erscheinenden Risikoanlagen in eine kuschelige Decke gehüllt. Das hat die Nerven der Anleger beruhigt, die Bewertungen gestützt und uns geholfen, mit einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld klarzukommen. Die Anleger haben sich daran gewöhnt, die sowohl absolut als auch im historischen Vergleich hohen Bewertungen mit dem ständigen Verweis auf die Anleihenmärkte zu rechtfertigen.

In meinen Augen ist das eine fragile Basis. Zudem wird immer deutlicher, dass die Geldpolitik nicht nur positive, sondern auch negative Auswirkungen hat. Vor diesem Hintergrund und angesichts der weltweiten sozioökonomischen Spannungen dürften die Rufe nach einer fiskalpolitischen Antwort lauter werden.

In den USA stehen die Präsidentschaftswahlen kurz bevor und beide Parteien zeigen eine größere Neigung als in der Vergangenheit, der Verlockung einer lockeren Haushaltspolitik nachzugeben. Angesichts der politischen Gräben im Land könnte es dazu kurzfristig jedoch nicht kommen. Nach einem sehr polarisierenden Wahlkampf scheint eine gespaltene Regierung vorprogrammiert – ganz egal, wie die Wahl letztlich ausgeht. In Großbritannien könnte der nächste Haushaltsplan („Autumn Statement“) die Weichen für eine wachstumsfördernde Fiskalpolitik stellen, nachdem die britische Regierung die Geldpolitik der Bank of England zuletzt eher kritisch bewertet hat. Am dringendsten werden fiskalpolitische Impulse aber vermutlich in Europa und Japan gebraucht. An den Anleihenmärkten dürfte eine Stabsübergabe an die Fiskalpolitik zu einer deutlich steileren Zinsstrukturkurve führen.

Unser Basisszenario ist das einer Fortsetzung des Status quo mit weiterhin niedrigen Inflations- und Wachstumsraten sowie Zinsen. Gleichzeitig behalten wir aber im Blick, dass es zu Marktverwerfungen kommen könnte, falls höhere fiskalpolitische Anreize das Wachstum ankurbeln und zu höheren Zinsen führen sollten. Dadurch könnte das aktuelle Bewertungsniveau von Risikoanlagen nicht mehr haltbar sein. Letztlich hängt alles davon ab, ob, wie schnell und wie weit die Anleihenrenditen steigen. Im schlimmsten Fall müssten wir uns in den nächsten sechs Monaten auf größere Turbulenzen bei Risikoanlagen einstellen.

Ein bedeutender Anstieg der Teuerung ist ein Faktor, durch den die Weichen neu gestellt werden könnten. Daher fragen wir uns aktuell, ob die Welt der Inflation mittlerweile zu wenig Beachtung schenkt. In Großbritannien trifft der durch die Pfund-Schwäche bedingte Teuerungsdruck die Lieferanten und letztlich auch den Einzelhandel. Hier lagen die Inflationsdaten im September bereits über den Erwartungen der Analysten. In den USA sind leichte Stagflationstendenzen zu beobachten. Das Wachstum ist stabil oder leicht rückläufig, während die steigenden Arbeitskosten und Basiseffekte für zunehmenden Preisdruck sorgen. So ist inzwischen eine Verdoppelung der Gesamtinflationsrate auf 2% bis Jahresende durchaus denkbar. Das könnte die Fed dazu ermutigen, im Dezember an der Zinsschraube zu drehen, was wiederum für einen Volatilitätsschub bei Risikoanlagen sorgen dürfte.

Vor diesem Hintergrund halten wir an unserem neutralen und vorsichtigen Ausblick für Aktienanlagen fest. Selektive Anlagechancen sehen wir allerdings durchaus noch, vor allem an den asiatischen Schwellenmärkten. Wir halten die Wachstumsaussichten in dieser Region für besser und stabiler, da sich die meisten Schwellenmärkte auf die globale Handelsschwäche eingestellt haben und weiter Spielraum für geld- und fiskalpolitische Stimulusmaßnahmen haben, die Wachstumssorgen in China nachlassen und zunehmend Kapital in die Region fließt. Vor allem aber sind die Bewertungen attraktiv, die Unternehmensgewinne werden durch die genannten Faktoren unterstützt und in 60% der asiatischen Länder sollen die Umsätze wachsen. Daher sehen wir interessante Anlagemöglichkeiten im Bereich der dividenden- und wachstumsstarken Schwellenländerunternehmen. Gleichzeitig bleiben wir jedoch wachsam bezüglich der Risiken durch mögliche Zinserhöhungen in den USA und die Entwicklung des US- Dollars.

Dies ist mein letzter Kommentar vor den US-Präsidentschaftswahlen. Wie auch immer die Wahl ausgehen wird: Aus der Vergangenheit wissen wir, dass es nach Amtsantritt eines neuen Präsidenten zumeist zu einem deutlichen, aber kurzfristigen Kurseinbruch an den Aktienmärkten kommt, bevor der Markt wieder zum Status quo zurückkehrt. Potenziell mehr Sorgen bereitet die Tatsache, dass die Märkte und die Volatilität keinen Trump-Sieg eingepreist zu haben scheinen. Das könnte ein Risiko darstellen, falls das Unerwartete doch eintritt.

print

Tags: , , , , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

25 Jahre Mein Geld
Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

-
Wird das Rentenversprechen auf den Policen zu oberflächlich behandelt?

Versicherungspolicen sind schwer zu lesen und oft führen die viele Paragraphen zur Verwirrung und Irrtümer?

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 03 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben