Stichwort Digitalisierung: Die Corona-Krise deckt auch Mängel, Versäumnisse und Defizite auf. Sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft zeigt sich nun, dass hier schon seit längerem ein erheblicher Rückstand besteht
Und dass Digitalisierung heute ein unabdingbarer Bestandteil von Wettbewerbsfähigkeit ist. Um auf Dauer erfolgreich zu bleiben, muss nicht nur die Politik Digitalisierung fördern, sondern auch KMU müssen verstärkt digital werden.
Die Digitalisierung in Deutschland schreitet zwar voran, aber in viel zu kleinen Schritten. Das liegt nicht zuletzt an einer traditionsbehafteten, zum Analogen neigenden Grundeinstellung hierzulande. Eine Studie der WHU Otto Beisheim School of Management stellte so kürzlich fest, dass selbst Basis-IT-Technologien nur von einer knappen Mehrheit deutscher Familienunternehmen genutzt werden.[1] Da überrascht es nicht, dass die Bundesrepublik im Bezug auf Digitalisierung im europäischen Vergleich weiter zurückfällt und meist nur im Mittelfeld liegt.
Es mangelt an Vertrauen, Erfahrungen, Fachkenntnissen – und es mangelt an Visionen. Das beginnt schon bei der rudimentären digitalen Bildung in deutschen Bildungseinrichtungen: Zwar ist es für Schüler nahezu selbstverständlich, digitale Medien für Lernzwecke zu nutzen. Doch die digitale Ausstattung der Schulen ist allenfalls mangelhaft und kann im internationalen Vergleich keineswegs standhalten – wie jüngst der Nationale Bildungsbericht feststellte.[2]
Immerhin, das Streben nach Digitalisierung, gerade auch bei KMU, ist durch die Corona-Krise deutlich gewachsen. Jetzt gilt es, die angestoßene Transformation auch langfristig umzusetzen. Wichtig ist dabei, dass Unternehmen nicht nur vereinzelte Arbeitsschritte oder Prozesse digitalisieren, sondern eine abgestimmte, ganzheitliche Strategie verfolgen. Essenzielle Voraussetzung hierfür: fundierte Digitalkompetenzen der Mitarbeiter über Schulungen, Weiterbildungen oder auch die Einbindung externer, erfahrener IT-Experten. Insbesondere das Management ist hier in der Pflicht.
Doch Digitalisierungsvorhaben von Unternehmen werden auch von außen gebremst: 40 Prozent der KMU wünschen sich bessere gesetzliche Rahmen-bedingungen und mehr finanzielle Hilfe vom Staat. Zwar sind Schwierigkeiten bei der Finanzierung laut einer KfW-Studie[3] kein vorrangig genanntes Hemmnis der Digitalisierung, dennoch beklagen viele Unternehmen Hürden beim Zugang zu Krediten für diesen Zweck. Insbesondere kleinere Betriebe melden hier vermehrt Probleme.
Deutschlands Finanzwelt ist geprägt von traditionellen Denkmustern und ebensolchen Banken. Sie verlangen nicht nur hohe Sicherheiten für Kredite, sie stehen gerade digitalen Projekten zurückhaltend gegenüber, da Erfahrungswerte fehlen und derlei immaterielle Investitionen für sie nur schwer einschätzbar sind. In diesem Zusammenhang werden alternative Finanzierungsformen durch digitale Experten immer wichtiger, sprich durch FinTechs. Sie sind keineswegs bloße Finanzierer, sondern auch strategischer Partner: Sie betreiben nicht nur ein ausschließlich digitales Geschäftsmodell, sondern verfügen auch über die Erfahrung, um komplexe Digitalisierungsprozesse in Unternehmen zu unterstützen und zu begleiten.
Banken mangelt es oftmals an IT-Sicherheit, digitaler Infrastruktur und digitalem Know-how. Die teils recht holperige Umsetzung der Corona-Soforthilfen hat dies offensichtlich werden lassen. FinTechs wurden bei der Entwicklung und Implementierung der Website außen vor gelassen – trotz ihrer langjährigen Erfahrungen mit digitalen Tools und Plattformen, insbesondere im Bereich Cyber-Security. Damit wurde enormes Potential verschenkt und auf dringend benötigte Unterstützung verzichtet, wie die jüngsten Betrugsfälle deutlich zum Ausdruck bringen. Auf der anderen Seite stehen Banken für Erfahrung im Finanzsektor, und vor allem genießen sie das Vertrauen ihrer Kunden. Um das Beste aus diesen zwei Welten der Finanzdienstleistung zu vereinen, ist Offenheit nötig – bei Banken wie bei FinTechs. Die heutige Wettbewerbssituation wird sich zu einem gewinnbringenden Kooperationsmodell transformieren müssen. So kann und wird die Digitalisierung der Finanzbranche die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken und den Mittelstand zukunftsfähig machen.
(October)