Wirtschaft

Das Dilemma starker Währungen

In der kurzen Nachosterwoche haben die Aktienmärkte seitwärts tendiert. Vonseiten der Makrodaten gab es Unterstützung durch die etwas oberhalb der Erwartungen herausgekommenen Inflationszahlen für Deutschland und die Eurozone, solide deutsche Arbeitsmarktzahlen und sehr starkes Conference Board-Verbrauchervertrauen in den USA.

Als eher verunsichernd muss man dagegen wohl das Verharren der wichtigsten US-Kerninflationsrate auf ihrem Vormonatsniveau interpretieren. Der Deflator der persönlichen Konsumausgaben („Core PCE“) blieb mit 1,7% unverändert, nach steilem Anstieg in den Vormonaten. Wieder einmal richtet dies die Aufmerksamkeit auf die Fed. Am Dienstag hatte Zentralbankchefin Janet Yellen in einer wieder als sehr zurückhaltend eingestuften Rede angedeutet, dass es im April wohl keine Zinsanhebung geben würde und die Fed es überhaupt für den Rest des Jahres eher ruhig angehen lassen könnte.

Äußerungen wie diese befeuern, besonders wenn sie im Umfeld starker Konjunkturdaten aus den USA getätigt werden, die hartnäckigen Gerüchte um einen vermeintlichen „Schanghai-Akkord“. Haben sich wirklich die Fed, die EZB und die People’s Bank of China Ende Februar beim G 20-Treffen in der chinesischen Metropole darauf verständigt, sich mit ihren Geldpolitiken einer weiteren Aufwertung des US-Dollar entgegenzustemmen? Das werden wir wohl nie verlässlich wissen. Tatsache aber ist, dass die Politiken insbesondere der EZB (nämlich mit ihrem Quasi-Verzicht auf weitere Zinssenkungen am 10. März) und der Fed (Abschwächung ihres Zinsanhebungspfades und Dämpfung der diesbezüglichen Markterwartungen sechs Tage später) genau in diese Richtung gehen. Die Gegenleistung der chinesischen Seite könnte darin bestehen, ihrerseits auf weitere Währungsabwertungen, welche wohl um den Preis einer Dollar-Aufwertung erfolgen müssten, zu verzichten. Mit anderen Worten: Wir halten es für absolut denkbar, dass man sich in Schanghai darauf geeinigt hat, einen absehbaren Abwertungswettlauf zu verhindern. Dieser könnte sich sonst durchaus ergeben, weil offenbar alle beteiligten Regionen schwächere Währungen begrüßen würden.

Fakt ist, dass ein zu starker US-Dollar ein Risiko für die Weltwirtschaft sein kann, sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit der Vereinigten Staaten selbst, als auch für Schwellenländer, deren wichtigste Verschuldungswährung der Dollar ist. Insofern ist die Analogie zu den Währungsabkommen der 80er Jahre, welche die Schanghai-Akkord-Theorie herstellt, durchaus begründbar. Damals wertete nach dem zweiten Ölpreisschock 1979 der handelsgewichtete US-Dollar in den gut sechs Folgejahren um fast 50% auf, mit unter anderem der Lateinamerikakrise als Konsequenz, bis das 1985 im New Yorker Plaza-Hotel geschlossene Währungsabkommen der Aufwertung ein Ende setzte. Angesichts der gegenwärtigen Fragilität der Weltwirtschaft, insbesondere mit Blick auf die rohstoffabhängigen Schwellenländer, halten wir es für sehr gut möglich, dass sich die großen Zentralbanken nun an einen Tisch gesetzt haben, bevor die nächste Schwellenlandkrise eintritt. Nur, wenn alle sich einig sind, dass ein etwas schwächerer Dollar wünschenswert wäre, wohin geht dann der Euro?

Was bedeutet das für Anleger?

Zwischen Frühjahr 2014 und rund einem Jahr danach wertete der Euro gegenüber dem Dollar von rund 1,40 auf gut 1,05 ab, um über 30%. Seitdem hält sich der Wechselkurs in einem relativ engen Band von 1,05 bis etwa 1,15. Wir glauben, dass er sich damit auf einem Niveau eingependelt hat, das die Erwartung divergierender Zentralbankpolitiken in den USA und Europa, nämlich jene einer

moderat straffenden Fed und einer weiter aggressiv lockernden EZB, weitgehend einpreist. Wir nehmen deshalb an, dass jede Abweichung von dieser eingepreisten Erwartung, wie wir sie etwa durch den unterstellten Schanghai-Akkord hätten, zu einer Aufwertung des Euro führt. Genau dies ist zurzeit an den Märkten zu besichtigen. Der Euro steht inzwischen wieder bei rund 1,14 zum US- Dollar.

Misslich ist dies besonders für deutsche Aktien, die wegen ihres hohen Exportanteils besonders währungssensitiv sind. Für den DAX bedeutet diese Logik zur Abwechslung einmal: good news is good news. Wenn nämlich in einem derartigen Umfeld starke US-Konjunkturdaten herauskommen, erwarten mehr Marktteilnehmer baldige Straffung seitens der Fed, was Druck auf den Euro und damit gute Nachrichten für deutsche Unternehmen bedeutet. Auf die robusten US-Arbeitsmarktdaten am Freitag reagierte der DAX folgerichtig mit einer teilweisen Korrektur seiner bis dahin verbuchten Tagesverluste. Manchmal funktionieren Finanzmärkte eben doch noch so, wie man es von ihnen erwarten würde.

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