Öl- und Gasunternehmen, die sich mit Netto-Null-Versprechen bisher Zeit gelassen haben, werden 2021 kritischer beobachtet werden. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen dürfte angesichts der sinkenden Kosten anziehen. Zudem werden die positiven Entwicklungen bei der Energiespeicherung die Aussicht auf Netzstabilität aus Erneuerbaren realistischer machen. Diese Themen könnten mit Blick auf Klimawandelstrategien im kommenden Jahr dominieren.
1. Auf Worte müssen Taten folgen
Öl- und Gasunternehmen stehen unter immer stärkerem Druck, ihre Zukunft und Rolle zu definieren, die sie in der Energiewende spielen wollen. Nachdem die globale Klimaagenda zunächst kaum Fortschritte erzielte, könnte das kommende Jahr nun einen bedeutenden Wendepunkt markieren. Die von dem Wetterphänomen La Niña ausgelösten typischen Wettermuster dürften zwar nach den ersten Monaten 2021 nachlassen, doch Meteorologen zufolge könnte darauf ein weiteres Jahr mit neuen Rekordtemperaturen folgen.
Unternehmensseitig wird entscheidend sein, wie Öl- und Gasunternehmen ihre angestrebte Rolle in der Energiewende definieren. Im Jahr 2020 haben weitere Unternehmen entschieden, ihre Karten auf den Tisch zu legen. So haben etwa Unternehmen wie BP angekündigt, ihre absoluten CO2-Emissionen im Rahmen der Öl- und Gasproduktion bis 2050 netto auf null zu senken und die Kohlenstoffintensität ihrer verkauften Produkte zu reduzieren.
Doch die überwiegende Mehrheit ist keine solche Selbstverpflichtung eingegangen – und laut der Internationalen Energieagentur stehen diese Unternehmen für etwa 90 Prozent der Öl- und Gasproduktion. Werden sie sich der Vision der Netto-Null-Emissionen anschließen oder nicht? Man wird künftig genauer auf Worte und Taten schauen. In einer Branche, die der allgemeinen Entwicklung hinterherhinkt, können sich solche Entscheidungen auf die Finanzierungskosten der Unternehmen und das Risiko verlorener Vermögenswerte auswirken.
2. Unterstützung für Elektrofahrzeuge nimmt Fahrt auf
Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wächst weiter und die Gesamtbetriebskosten erreichen auf mehr Märkten das Niveau von Verbrennern. Obwohl die Corona-Krise die Verkaufszahlen bei Elektrofahrzeugen Anfang 2020 kurzfristig stark einbrechen ließ, wächst die Nachfrage insgesamt weiter. Vor der Pandemie hatte der Verkauf von batteriebetriebenen Elektro- sowie Hybridfahrzeugen angezogen, doch sie machen mit unter drei Prozent weiterhin nur einen kleinen Teil des Gesamtgeschäfts mit Neufahrzeugen aus.
Am stärksten werden allerdings die Verbraucher von den Kosten abgeschreckt: Die Gesamtbetriebskosten eines Elektrofahrzeugs waren bisher meist höher als die eines reinen Verbrenners. Nach unserer Erwartung werden 2021 jedoch weitere Märkte den bedeutenden Wendepunkt erreichen, ab dem der Kostenvorteil bei den Elektrofahrzeugen liegt.
Dies erklärt sich teilweise durch die großzügigeren Subventionen. In Frankreich beispielsweise wurde die Unterstützung für Elektrofahrzeuge im Rahmen des im Juni verkündeten nationalen Corona-Aufbauplans auf 7.000 € erhöht. Zudem ist vorgesehen, konventionelle Fahrzeuge mit hohem Treibstoffverbrauch und hohen Emissionen sehr viel stärker zu besteuern. In Deutschland wird damit gerechnet, dass der Klimaschutzaufschlag auf Fahrzeuge mit hohen Emissionen erheblich angehoben wird.
Unterdessen werden praktische Herausforderungen schrittweise angegangen. Großbritannien hat sich dazu verpflichtet, den Umstieg auf Elektromobilität zu beschleunigen, indem es den Verkauf konventioneller Neuwagen ab 2030 verbietet. Zudem haben mehrere Regierungen angekündigt, im Rahmen ihrer Konjunkturmaßnahmen die Ladeinfrastruktur auszubauen. Die beschriebenen Maßnahmen dürften den Erwerb und Betrieb eines Elektrofahrzeugs erleichtern.
3. Positive Entwicklungen bei der Energiespeicherung fördern Ausbau erneuerbarer Energien
Die Entwicklungen bei der Energiespeicherung zeigen, dass Netzstabilität aus Erneuerbaren realistisch wird. Die fehlende Möglichkeit, Energie zuverlässig im großen Maßstab zu speichern, war lange ein wesentliches Hemmnis für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die jüngsten Entwicklungen bei der Energiespeicherung lassen hoffen, dass dieses Problem überwunden werden könnte, indem die unvermeidlichen Spitzen- und Niedrigzeiten überbrückt werden, die im Tag-Nacht-Zyklus auftreten. Durch die Kombination aus Erneuerbaren mit Speicherlösungen für große Energiemengen kann überschüssige Energie in Spitzenproduktionszeiten aufgenommen, für einen bestimmten Zeitraum gespeichert und dann wieder ins Netz eingespeist werden.
Da die installierte Kapazität der Erneuerbaren steigt, rechnen wir mit weiter anziehender Nachfrage nach Batteriespeicherlösungen. Der Wandel vollzieht sich in rasantem Tempo – so rechnen die Analysten etwa zwischen den Jahren 2021 und 2023 mit einem durchschnittlichen Wachstum von über 30 Prozent. Dies dürfte wiederum mit Blick auf die Steuerung der Einspeiseflüsse ein verbessertes Stromnetz erfordern. Nach unserer Auffassung könnten die Investitionen, die für einen sicheren und effizienten Betrieb des Systems nötig sind, unterschätzt worden sein.
(AVIVA INVESTORS)