Schlechte Nachrichten für Deutschland vom World Economics Forum: Im alljährlich vorgenommenen Ranking der Wettbewerbsfähigkeit von 141 Ländern ist der Wirtschaftsstandort innerhalb eines Jahres von Platz drei um vier Ränge abgerutscht und rangiert jetzt hinter Hongkong, den Niederlanden, der Schweiz und Japan auf Platz sieben. Droht ein Rückfall in die Zeit um die Jahrtausendwende, als Deutschland zum „kranken Mann Europas“ abgestempelt wurde? Schwaches Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit und wachsender Pessimismus prägten damals das Bild. Die Situation heute ist nicht dieselbe, aber Parallelen sind doch unverkennbar: Zunächst leidet Deutschlands Wirtschaft wegen der großen Exportabhängigkeit seiner Industrie stärker als andere europäische Länder unter der weltwirtschaftlichen Eintrübung: Seit fünf Quartalen entwickelt sich die Wirtschaftsleistung in Deutschland schwächer als im Euroraum, zuletzt sank sie sogar. Gleichzeitig treten strukturelle Defizite immer deutlicher zutage. Neben der Strukturkrise der deutschen Autoindustrie, die auch im Falle einer konjunkturellen Erholung nicht einfach verschwinden wird, gehören dazu vor allem Schwächen in der Verbreitung und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie. In diesem Bereich liegt nicht nur das Gros der europäischen Länder, sondern auch China und sogar Russland befinden sich vor Deutschland.
Es ist höchste Zeit zu handeln
Die rasche Abfolge von Digitalgipfeln in der jüngeren Vergangenheit zeigt, dass sich Politik und Öffentlichkeit dieser Herausforderung mittlerweile bewusst sind, was immerhin als Fortschritt gewertet werden kann. Die Probleme sind bekannt und vielfach beschrieben worden: Es hapert zum einen an der Infrastruktur – Stichworte sind hier mobile Breitbandanschlüsse und Glasfasernetze für den Internetanschluss. Es hapert aber auch an einer hinreichend optimistischen Einstellung zu modernen Technologien. Würde die Bevölkerung etwa die enormen Vorteile elektronischen Bezahlens via Handy wahrnehmen, könnten Handel und Gastronomie ihre eigene Bequemlichkeit auf diesem Gebiet auch nicht mehr länger hinter der angeblich fehlenden Nachfrage verstecken.
Wünschenswert wäre nun, dass den Absichtsbekundungen der verschiedenen Gipfeltreffen konkrete Taten und sichtbare Ergebnisse folgen. Angesichts der Geschwindigkeit des technologischen Wandels und des daraus folgenden globalen Wettbewerbs müsste dies schnell geschehen. Die wahrscheinliche Alternative wäre, dass nicht nur aus der bisherigen Vorzeigebranche Autoindustrie keine positiven gesamtwirtschaftlichen Impulse mehr kommen, sondern das Land auch bei wichtigen Zukunftstechnologien endgültig abgehängt wird. Dann wäre Deutschland tatsächlich wieder der „kranke Mann“ Europas.