Auch mit neuem Präsidenten stimmen die Vorzeichen für den US-Aktienmarkt. „Egal was man betrachtet, ob Makro- oder Mikro-Sicht, die technische Situation oder das Sentiment: Alle Faktoren sprechen aktuell für ein Anhalten des Bullenmarkts in 2017“, meint Till Budelmann. Der Fondsmanager des Berenberg Systematic Approach – US-STOCKPICKER Fund erwartet, dass die US-Wirtschaft durch Donald Trumps Maßnahmenpaket in den kommenden beiden Jahren noch stärker wächst als vom Markt erwartet. Die dadurch steigenden Unternehmensgewinne werden die Notenbank als Antreiber für die Kurse ablösen. Auf der Gewinnerseite sieht Budelmann die Sektoren Finanzen, Energie und Industrie. Den Gesundheitssektor stuft er bei den Verlierern ein.
Nach seiner Wahl im November trat Donald Trump am 20. Januar das Amt zum 45. Präsidenten der USA an. Er hat in Abstimmung mit Paul Ryan (dem Sprecher des Repräsentantenhauses) ein umfassendes Programm angekündigt, mit dem er die Vereinigten Staaten „wieder groß machen will“. Auf seine Wahl hatten die Aktienmärkte – wider Erwarten – positiv reagiert. Wie geht es nun am US-Aktienmarkt weiter? Berenberg-Fondsmanager Till Budelmann analysiert vier wichtige Faktoren: Das gesamtwirtschaftliche Umfeld (Makro), die Unternehmenslandschaft (Mikro), die technische Situation sowie die Anlegerstimmung.
Makro-Blick: Massiver Wachstumsschub 2018
Steuersenkungen, weniger Regulierung und fiskalische Anreize über Infrastrukturausgaben zählen zu Trumps Wahlversprechen. „Einige Neuerungen können wir wahrscheinlich schon bis zum Spätsommer sehen“, sagt Budelmann. Das Maßnahmen-Paket wird seiner Ansicht nach das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) befeuern. Vor allem die bislang eher schwächeren Investitionen müssten massiv profitieren. „Wir schätzen die Entwicklung sehr positiv ein. Für 2017 erwartet der Markt ein BIP-Wachstum von 2,3 Prozent, wir erwarten 2,4 Prozent“, so der US- Aktienexperte. Allerdings dürften die meisten Maßnahmen erst nächstes Jahr richtig fruchten. „Für 2018 liegt unsere Prognose mit 2,9 Prozent deutlich über dem Konsens von 2,3 Prozent“, so Budelmann. Er ist überzeugt, dass sich das starke Wirtschaftswachstum positiv auf die Unternehmensgewinne und somit auf den US-Aktienmarkt auswirkt, vor allem wenn es höher ausfällt als erwartet.
Mikro-Sicht: Unternehmensgewinne drehen ins Positive
Trotz des lange währenden Bullenmarktes betrachtet Budelmann US-Aktien nicht als zu teuer. Zwar liegen sowohl das Trailing-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das auf die Gewinne der vergangenen vier Quartale abzielt, als auch das auf künftige Gewinne gerichtete Forward-KGV über dem historischen Durchschnitt. „Man muss die Werte aber auch im Verhältnis zum Zinsniveau und der Attraktivität von Anlagealternativen sehen. Daher erachten wir die erhöhten KGVs nicht als besorgniserregend“, sagt Budelmann. Das gilt umso mehr, da er eine Wende bei den Unternehmensgewinnen erwartet. Für 2017 rechnet der Fondsmanager nach zwei Jahren Flaute erstmals wieder mit einem satten Zuwachs von 8 bis 10 Prozent. „Jetzt beginnt der Übergang vom zinsgetriebenen Bullenmarkt zu einem vom Unternehmensgewinnen getriebenen Bullenmarkt“, sagt Budelmann. Er erwartet sinkende KGVs, da seiner Ansicht nach die Gewinne stärker als die Kurse anziehen werden.
Wie schon 2016 sieht er Value- vor Growth-Aktien. Innerhalb des Value-Bereichs bevorzugt er zyklische gegenüber defensiven Werten. „Zum zyklischen Value gehören vor allem Finanz- und Energietitel sowie Industriewerte. Das
sind auch genau die Bereiche, die von Trumps Politik profitieren“, erklärt Budelmann. Vor allem Finanztitel sieht er als klare Gewinner. Sie profitieren von sinkenden Steuern, weniger Regulierung, mehr Wachstum und den damit verbundenen höheren Zinsen. Klarer Verlierer ist hingegen der in vergangenen Jahren stark gelaufene Gesundheitssektor, speziell Pharmaunternehmen. Trump macht bereits Druck auf die Medikamentenpreise.
Technik und Sentiment: Luft nach oben bei besserer Stimmung
Neben der Makro- und der Mikro-Lage spricht auch die technische Situation am US-Aktienmarkt für einen weiteren Anstieg der Kurse. Der Aktienindex S&P 500 ist schon seit Jahren auf dem Weg nach oben, zuletzt hat die Dynamik etwas nachgelassen. Anfang 2016 kam es zur Bewährungsprobe. Die relevante Unterstützungslinie bei 1.810 Indexpunkten hat damals gehalten. Den hartnäckigen Widerstand bei 2.130 Punkten konnte der Index im Sommer 2016 überwinden. Seitdem ist Luft nach oben. In den vergangenen 71 Tagen ist der Index – trotz der politischen Stressphasen – nicht ein einziges Mal mit ein Prozent Verlust oder mehr aus dem Handel gegangen. Das ist die längste Serie im gesamten Bullenmarkt seit 2009.
Interessant sind die Korrelationen der einzelnen Sektoren. Nach der Wahl im November sind sie zurückgegangen. „Sektoren wie Finanzen und Basiskonsum sind zum Beispiel seitdem negativ miteinander korreliert. Jetzt ist daher die Zeit für aktives Management“, sagt Budelmann.
Auch das Sentiment liefert Unterstützung für steigende Kurse. Seit der US-Wahl hat sich die Anlegerstimmung für die US-Börse verbessert. Von Hochstimmung kann aber keine Rede sein. „Wir sind noch lange nicht in der letzten Phase eines Bullenmarkts, in der die Stimmung in Euphorie umschlägt und der Markt oft nach oben überschießt“, urteilt Budelmann.
Risiken: Überhitzungsgefahr statt Wirtschaftskollaps
Die aktuell weit verbreitete Angst vor einem Handelskrieg nimmt der Fondsmanager zwar ernst, hält sie aber trotz- dem für übertrieben. Hier erwartet er einen gewissen Widerstand aus dem Kongress. Zu viele einflussreiche Republikaner seien Kämpfer für den Freihandel. Auch eine Gefahr, dass die Wirtschaftsentwicklung abknickt und die Unternehmensgewinne sich doch nicht positiv entwickeln, sieht Budelmann kaum. Seine größere Sorge ist, dass der Markt zu viel Fahrt aufnimmt. „Die US-Wirtschaft läuft schon jetzt nicht schlecht, Trumps zusätzlicher Antriebsmotor könnte womöglich zu einer Überhitzung und letztlich dann zum Ende des Bullenmarkts führen. Hier muss die Notenbank Fed rechtzeitig reagieren“, sagt der Fondsmanager. Aus jetziger Sicht rechnet er für 2017 mit zwei bis drei Zinserhöhungen.
„Eine Überhitzung ist nicht unser Basisszenario“, so Budelmann. Er geht vielmehr davon aus, dass die politische Dynamik zu einem stärkeren Wachstum als erwartet führt, das sich in den Unternehmensgewinnen zeigt. Dies werde den Bullenmarkt weiter befeuern und eine weitere Normalisierung des Marktes einleiten. (Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG)