Im Rahmen des Montreal Pledge veröffentlichte sie vor kurzem den CO2-Fußabdruck ihres Aktienportfolios, der bei nur 70,6 Prozent im Vergleich zum MSCI World Index liegt. Die Erste Asset Management ist Spezialist für nachhaltige Investments, ein Beispiel dafür: der ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT.
Herr Klein, die Klimakonferenz in Paris ist gerade zu Ende gegangen. Wie schätzen Sie die Ergebnisse der Verhandlungen ein?
Clemens Klein: Die positive Entwicklung der Konferenz war nicht selbstverständlich. Das einheitlich definierte Ziel, die Erderwärmung auf ein Maximum von zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist als Erfolg zu bewerten. Auch wenn ich die Relevanz des Pariser Abkommens nicht vernachlässigen möchte, so zeigt die Erfahrung aus der Vergangenheit, dass diese Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind. Wichtig ist es aber, dass wir nun einen klaren Fahrplan vor Augen haben. Und das nun festgelegte Ziel zeigt, dass der Ernst der Situation bereits allen Beteiligten klar ist. Um wirklich eine Veränderung zu schaffen, darf die Verantwortung aber nicht nur auf die Politik abgewälzt werden. Deswegen haben wir im November unsere Research Partner zu einem Investment-Board eingeladen, um über mögliche Unternehmens-Lösungsansätze beim Klimaschutz zu sprechen. Dabei ist klar herausgekommen, dass man nicht ganz ohne die Politik vorankommt. Denn die größten Kohle- und Ölreserven weltweit befinden sich im Staatsbesitz.
Der Energiesektor ist einer der größten Treibhausgas-Produzenten. Welche Rolle können Investoren und auch die Erste Asset Management spielen, um hier eine Veränderung hervorzurufen?
Clemens Klein: Zunächst einmal gibt es eine naheliegende Optionen: Wir können uns dafür entscheiden, grundsätzlich nicht in Unternehmen zu investieren, die in irgendeiner Weise im Abbau von fossilen Brennstoffen tätig sind, und uns im Portfolio auf Erneuerbare Energien fokussieren. So gehen wir beispielsweise auch beim ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT vor. Allerdings muss uns bewusst sein, dass der Erfolg aller Bemühungen um eine Begrenzung der Erderwärmung letztendlich von einem Umdenken bei den großen Treibhausgas-Produzenten abhängt. Daher suchen wir auch aktiv den direkten Dialog mit diesen Unternehmen, um das Potenzial für Engagement-Prozesse einzuschätzen. Wir haben beispielsweise einen Fragenkatalog zum Thema Klimawandel entwickelt und an relevante Unternehmen aus den Bereichen Energie und Umwelttechnologie versendet. Das Ergebnis kann bislang aber nur als ernüchternd bezeichnet werden. Zwar bemühen sich einige Ölkonzerne, namentlich Statoil und OMV, Alternativen zu fossilen Energieträgern zu entwickeln. Insgesamt bestätigt sich aber der Eindruck, dass diese Anstrengungen nur Ausnahmen anstatt die Regel sind. Zudem wurden viele dieser Pilotprojekte bereits wieder eingestellt. Und unter den von uns angefragten Kohleunternehmen war kein einziges Unternehmen an einem Dialog zum Umwelt- und Klimaschutz bereit. Von einem grundsätzlichen Umdenken im fossilen Energiesektor kann bislang also überhaupt keine Rede sein.
Ist das festgelegte Klimaziel somit ohne die Bereitschaft der Energiekonzerne also überhaupt nicht zu erreichen?
Clemens Klein: Grundsätzlich nicht. Allerdings besteht Grund zum Optimismus. Denn mit entsprechenden politischen Maßnahmen, bleibt diesen Unternehmen langfristig gar keine andere Wahl, als ihre Schweige-Kultur zu brechen. Denn wer nicht hören will, muss fühlen. Das zeigt auch ein Präzedenzfall, der sich im November in den USA ereignete: Der New Yorker Generalstaatsanwalt erhob Anklage gegen ExxonMobil. Der Vorwurf: Das Unternehmen habe jahrelang wissentlich seine Kunden und Anleger bezüglich der Risiken des Klimawandels hinters Licht geführt. Die Auswirkung schlechter Nachrichten zeigt sich am besten an einem anderen aktuellen Beispiel, und zwar dem Dieselgate-Skandal bei Volkswagen. Ein Umdenken beim Klima- und Umweltschutz liegt definitiv auch im Interesse der Unternehmen und somit auch in dem von bestehenden und potenziellen Investoren. Und jeder Anleger besitzt durch seine Investment-Entscheidung eine Stimme, die vom Unternehmen gehört wird.