Wirtschaft

Enormer Investitionsbedarf in Europas Bausektor

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Die Antwort auf die marode Infrastruktur, den fortschreitenden Klimawandel und die gesellschaftliche Überalterung kann nur lauten: Investieren, Bauen und Sanieren.

Neue Donaubrücke © Greg

Derzeit ist die Stimmung aim Bausektor eher mau. Deutlich gestiegene Finanzierungskosten sowie überbordende Bürokratie und Fachkräftemangel haben in i meuropäischen Bausektor das Wachstum gebremst und in manchen Ländern zu sinkenden Bauinvestitionen geführt – insbesondere im Wohnungsbau, gerade dort, wo in vielen europäischen Städten und Regionen ein akuter Mangel zu beklagen ist. Trotz des enormen Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum befindet sich in den beiden EU-Mitgliedsländern Deutschland und Frankreich die Zahl der Baugenehmigungen seit Monaten auf Talfahrt.

Langfristig denkende bzw. investierende Anleger sollten in der gegenwärtigen Marktlage die nachfolgend aufgeführten Besonderheiten mit Blick auf die Perspektiven von börsennotierten Bauunternehmen jedoch nicht außer Acht lassen. Zum einen verfügen einige Titel dieses Sektors über gut gefüllte Auftragsbücher, die insbesondere bei großen Bauprojekten durch ihre langfristige Natur überzeugen. Zum anderen dürften die vorherrschenden Megatrends über kurz oder lang die geschäftlichen Perspektiven in der europäischen Baubranche wieder aufhellen.

Megatrend Klimawandel

Die Europäische Union will den Klimaschutz forcieren und nimmt damit weltweit eine wichtige Vorreiterrolle ein. So zielt zum Beispiel der „European Green Deal“ darauf ab, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Als besonders wichtig kann man die folgenden Pläne und Maßnahmen einordnen: das Fit for 55-Paket, die Renovierungswelle (Energieeffizienz von Gebäuden), die Förderung der Elektromobilität sowie des Natur- bzw. Biodiversitätsschutz. Hier dürfte auch in den kommenden Jahren massiv investiert werden und so die Auftragsbücher von Bauunternehmen weiter füllen.

Megatrend Demografischer Wandel

Seit Jahrzehnten wird unaufhörlich auf die vorprogrammierte Überalterung der europäischen Bevölkerung und die daraus resultierenden Herausforderungen hingewiesen. Dies tangiert den Bausektor unter mehreren Aspekten. Der Bedarf an altersgerechten Wohnungen bzw. Wohnkonzepten sowie der notwendige Ausbau von Pflegeeinrichtungen dürfte auch in den kommenden Jahren weiter steigen.

Megatrend Digitalisierung

Um Europas Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich zu verbessern, sind hoheInvestitionen in neue Halbleiter-Fabriken sowie verbesserte Mobilfunk- bzw. Glasfasernetze nötig. Außerdem muss aufgrund des gegenwärtig zu beobachtenden Decoupling-Trends mit Blick auf China und andere autokratische Staaten der Ausbau europäischer Kommunikations- und Datenzentren vorangetrieben werden.

Ein Megatrend hat übrigens im Zuge der während der Pandemie aufgetretenen Lieferkettenschwierigkeiten an Strahlkraft verloren und in vielen Firmen zu einem Umdenken geführt – die Globalisierung. Der europäischen Bauindustrie könnte die neue Tendenz zur Deglobalisierung hingegen helfen, schließlich wächst dadurch der Bedarf an logistischer Infrastruktur (z.B. Lagerhallen) sowie einer Verbesserung der Verkehrswege (Straßen, Brücken, Wasserwege, Flughäfen usw.).

EUROCONSTRUCT – ein wichtiger Anbieter von Bau- und Wirtschaftsdaten in Europa – veröffentlichte im Juni seine fast 200 Seiten starke halbjährlich erscheinende Marktstudie zur aktuellen Lage und den Perspektiven der europäischen Baubranche in 15 westeuropäischen und vier osteuropäische Ländern. Deren Tenor kann man folgendermaßen zusammenfassen: Sowohl für Westeuropa (EC-15) als auch für Osteuropa (EC-4) kann man endlich Licht am Ende des Tunnels ausmachen. So prognostiziert das Netzwerk verschiedener europäischer Forschungs- und Beratungsinstitute – nach zwei enttäuschenden Jahren –ab dem kommenden Jahr ein Comeback des Wachstums in der Baubranche.

In Westeuropa soll sich der jährliche Zuwachs auf 1,2 Prozent (2025) bzw. 1,5 Prozent (2026) belaufen. Die Wachstumsprognosen für die vier osteuropäischen Ländern Tschechien, Ungarn, Polen und Slowakei fallen mit durchschnittlich 3,8 Prozent (2025) bzw. 5,7 Prozent (2026) signifikant höher aus. Ihnen trauen die Analysten sogar zu, den Trendwechsel mit plus 1,2 Prozent bereits in diesem Jahr zu vollziehen. Mit Blick auf sämtliche Länder (EC-19) erwarten die Experten für 2025 ein durchschnittliches Wachstum der europäischen Baubranche in Höhe von 1,3 Prozent und für 2026 ein Plus von 1,8 Prozent.

Unbedingt auf fundamentale Qualität achten

Anleger, die von den geschäftlichen Perspektiven profitieren und ein Investment in Bauaktien tätigen wollen, sollten – ähnlich wie ein verantwortungsbewusster Bauherr – vor allem auf die fundamentale Qualität des jeweiligen Bauunternehmens achten. Eine möglichst breite Diversifikation auf verschiedene Branchensegmente und Länder reduziert erfahrungsgemäß das Verlustrisiko.

Des Weiteren sollte aber auch die Entwicklung der Umsätze und Auftragseingänge und natürlich auch die Entwicklung der Ergebnisse – sowohl auf kurze als auch auf lange Sicht – genau inspiziert werden. Ein Blick auf die Qualität der Dividendenpolitik darf ebenfalls nicht ausbleiben, wobei neben der prozentualen Rendite auch die Zuverlässigkeit vergangener Zahlungen gebührend berücksichtigt werden sollte.

Erfolg basiert auch auf Tradition

Neben der Analyse harter Zahlen und Kennziffern bietet sich bei börsennotierten Bautiteln aber auch die Berücksichtigung qualitativer Faktoren an. Einige dieser Firmen können nämlich auf eine ausgesprochen lange Firmenhistorie zurückblicken, was einiges über deren Fähigkeit verrät, Krisen nicht nur zu bewältigen, sondern daraus auch gestärkt hervorzugehen.

Der französische Baukonzern Bouygues wurde bspw. 1952 gegründet und gilt innerhalb des CAC-40-Index mit über elf Milliarden Euro zwar als der „Bautitel“ mit der zweithöchsten Marktkapitalisierung, allerdings ist das Unternehmen auch in den Branchen Immobilien, Medien und Telekommunikation aktiv. Einen deutlich höheren Marktwert weist mit Blick auf Frankreich Vinci (57,4 Milliarden Euro) aus. Das Unternehmen, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1899 zurückreichen, kann auch nicht als reines Bauunternehmen bezeichnet werden, da es als Betreiber von Autobahnen, Mautstraßen, Flughäfen, Stadien und anderen Veranstaltungsorten fungiert. Außerdem bietet das Unternehmen Lösungen in den Bereichen Energie, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Industrie- und Gebäudetechnik an.

Einen deutlich stärkeren direkten Bezug zum Bausektor kann man den folgenden Unternehmen aus Deutschland bzw. Österreich attestieren: Hochtief (gegründet 1873), und PORR (gegründet 1869). Sie überstanden neben unzähligen Krisen sogar zwei Weltkriege. Das letztgenannte Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass ein großer Teil des Geschäfts in den Segmenten Hochbau sowie Tiefbau & Infrastruktur erwirtschaftet und durch baunahe Dienstleistungen wie Umwelttechnik, Design & Engineering sowie diverse Spezialkompetenzen ergänzt wird.

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