Wirtschaft

Eurizon Insights – Anlagechancen in Japan

die Tokioter Börse erreichte nach der Ankündigung des Rücktritts des japanischen Ministerpräsidenten Yoshihide Suga Mitte September einen historischen Höchststand

janjf93 / Pixabay

Inzwischen haben die Aktienkurse wieder korrigiert, befinden sich aber weiterhin in einem Aufwärtstrend. Joel Le Saux, Manager des Eurizon Fund – Sustainable Japan Equity, gibt eine Einschätzung zur weiteren Entwicklung in Japan.

Was ist der Hintergrund für das starke Ansteigen des japanischen Aktienmarkts?

Die Rallye der japanischen Aktien kam vor dem Hintergrund der unterdurchschnittlichen Wertentwicklung gegenüber dem europäischen und dem US-Markt im Jahr 2021. Für diese Entwicklung gab es keine fundamentalen Gründe, da das Wachstum der Gewinne je Aktie genauso stark ist wie bei den europäischen Aktien. Dennoch wurde der TOPIX Ende August mit einem größeren KGV-Abschlag als im historischen Durchschnitt gehandelt, was japanische Aktien zu einem Schnäppchen machte.
Dieser Abschlag dürfte auf den langsamen Start der Impfungen gegen das Coronavirus, Probleme mit den Lieferketten in Südostasien, wo japanische Hersteller im Allgemeinen ihre Produktionszentren haben, und eine historisch niedrige Zustimmungsrate für Ministerpräsident Suga zurückzuführen gewesen sein. Dessen Rücktritt lenkte die Aufmerksamkeit auf den japanischen Markt und seine Bewertung, den positiven Gewinntrend bei den Unternehmen und die Fortschritte bei den Impfungen gegen das Coronavirus. Letztlich führte die Kombination dieser Faktoren zu den Kursgewinnen von Anfang September.

Wird sich diese Entwicklung fortsetzen?

Der Markt hat wieder auf das vorherige Niveau korrigiert, und die Bewertungslücke hat sich gegen Ende September wieder vergrößert. Die Dynamik der Gewinnrevisionen hat sich in letzter Zeit aufgrund von Problemen in den Lieferketten und der Kosteninflation verlangsamt. Die vollständige Erholung des verarbeitenden Gewerbes wird wahrscheinlich noch einige Quartale in Anspruch nehmen. Andererseits haben sich die Dienstleistungsunternehmen bis zu einem gewissen Grad erholt, und die Aussichten verbessern sich, da die Impfquote steigt und mittlerweile fast 65 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind. Außerdem hat die Regierung zum Monatsende den Ausnahmezustand aufgehoben, was die Chancen erhöht, dass der Markt durch die Wiedereröffnung von Geschäften angetrieben wird, das heißt, dass die Unternehmen von einer Rückkehr zur Normalität profitieren. Japanische Aktien sind nach wie vor billig, und es wäre nicht überraschend, wenn die Bewertungen bald wieder steigen würden.

Welche Impulse gehen vom neuen Premierminister aus?

Der neue Ministerpräsident Fumio Kishida dürfte der politischen Agenda der Vorgänger Abe und Suga folgen, so dass es zu keinen wesentlichen Änderungen kommen wird. Seine oberste Priorität ist es, die Pandemie unter Kontrolle zu halten und den kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie den Haushalten zu helfen, die durch den anhaltenden Semi-Lockdown geschädigt wurden. Längerfristig strebt er ein Wirtschaftswachstum durch Lohnerhöhungen an.

Welche Branchen und Sektoren sind Ihrer Meinung nach besonders vielversprechend?

Dank der Fortschritte bei den Impfungen zieht die Wirtschaftstätigkeit wieder an. Die Zinsen und die Inflation haben sich von einem historischen Tiefstand erholt. Finanzwerte und Rohstoffe dürften von diesem makroökonomischen Umfeld profitieren. In diesem Zusammenhang sind wir positiv gegenüber Unternehmen eingestellt, die die gestiegenen Erzeugerpreise weitergeben können, wie beispielsweise Lebensmittelunternehmen. Auch die Automobilhersteller werden ihre Produktion wiederaufnehmen, da das Problem der Lieferengpässe gelöst wird. Eine solide Autonachfrage und ein schwächerer Yen dürften die Erträge des Automobilsektors im Allgemeinen stützen.

Welche Chancen messen Sie japanischen Aktien bei?

Kurzfristig wird die Coronavirus-Lage weiterhin eine wichtige Rolle spielen, nicht nur in Japan, sondern in Südostasien im Allgemeinen, da japanische Hersteller Produktionszentren in Ländern wie Thailand und Malaysia haben, in denen die Impfung langsamer eingeführt wird und die im Falle Malaysias stark von der Pandemie betroffen sind.

Mittelfristig dürften sich die laufenden Reformen bei der Führung von Unternehmen und ein verstärktes Augenmerk auf die Rendite für die Aktionäre positiv auswirken. Die Dividendenausschüttung und Aktienrückkäufe nehmen zu, und die Unternehmen konzentrieren sich stärker auf die Verbesserung der Eigenkapitalrendite.

Nicht zu vergessen, dass die Wertentwicklung japanischer Aktien in den vergangenen Jahren durch eine gute Gewinndynamik bei relativ günstigen Bewertungen angetrieben wurde. In den vergangenen sechs Jahren entsprach die Entwicklung des japanischen Gewinns je Aktie im Großen und Ganzen der des europäischen Markts, und in Euro gerechnet hat der TOPIX den STOXX-600 in vier der vergangenen sechs Jahre übertroffen.

Der Eurizon Fund – Sustainable Japan Equity trägt das Wort „nachhaltig“ in seinem Namen. Wie unterscheidet sich Nachhaltigkeit in Japan von der Nachhaltigkeit in anderen Ländern?

Das japanische Governance-Modell wird oft als Stakeholder-Kapitalismus bezeichnet. Im Gegensatz zum Shareholder-Kapitalismus in den USA, bei dem ausschließlich die Gewinne im Vordergrund stehen, legen japanische Unternehmen auch Wert auf die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und lokalen Gemeinschaften. Außerdem sind die stabileren Managementstrukturen des Landes für eine langfristige Entscheidungsfindung geeignet. Daher kann man sagen, dass sie für den neuen Bereich der verstärkten Unternehmensverantwortung gut positioniert sind.

(Eurizon)

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