In einem Interview mit der NOZ sagte Hoyer: „Schon jetzt beginnt die ‚Leichenfledderei‘.“ Paris wolle das Finanzzentrum Europas werden. „Und auch die Frankfurter schlafen nicht“, sagte Hoyer. Er gehe davon aus, dass Banken und Finanzhäuser ganze Abteilungen aus Großbritannien abziehen würden, falls die Briten wirklich die EU verlassen. „Manche Bank wird lieber im Euro-Raum etabliert sein wollen, wenn London keine starke Stellung in der EU mehr hat“, sagte Hoyer. Das werde „erhebliche Folgen“ für die Wirtschaft in Großbritannien haben.
Diese Schockwellen würden sich bis nach Deutschland auswirken, zumal Großbritannien der drittwichtigste Absatzmarkt für deutsche Exporte sei und die Nachfrage aus Großbritannien sinken werde. Hoyer sagte: „Auch auf dem Kontinent einschließlich Deutschland wird man die Konsequenzen der britischen Entscheidung spüren. Die Konjunktur in Deutschland wird leiden, das wird auch Arbeitsplätze kosten.“
Hoyer hält es für durchaus möglich, dass die Briten noch umdenken werden. Auf die Frage, ob die Briten wirklich aus der EU austreten werden, antwortete der Chef der Investitionsbank: „Das halte ich für völlig offen.“
Die Europäische Investitionsbank werde sich bei einem Brexit aus Großbritannien zurückziehen, und zwar „so langsam aber sicher“. Hoyer sagte: „Die laufenden Projekte vollenden wir.“ Sollte Großbritannien wirklich die EU verlassen, dann werde die EIB dort aber „deutlich weniger Projekte mit deutlich weniger Volumen finanzieren.“
Die EIB ist die Hausbank der 28 EU-Staaten und vertritt deren Interessen. Die Bank stellt Finanzierungen für Projekte bereit, die zum Erreichen der Ziele der EU beitragen. So fördert sie unter anderem Infrastruktur- und Energieprojekte sowie Forschung und Entwicklung von Unternehmen. Die Bilanzsumme beläuft sich auf 570 Milliarden Euro.
NOZ