Wirtschaft

EZB erhöht den Druck auf Bankengeschäftsmodelle

Durch Auflagen der EZB droht Europäischen Banken im Stressfall Kapitallücken von bis zu 20 Mrd. Euro

Bis zu neun der 51 untersuchten Banken müssten sich voraussichtlich zusätzliches Kapital beschaffen / Auch deutsche Banken leiden unter fallenden Nettozinserträgen bei steigenden Risiken und regulatorischem Druck

Am 29. Juli hat die European Banking Authority (EBA) die Ergebnisse des aktuellen Bankenstresstests veröffentlicht, in dem 51 der größten europäischen Banken – davon neun aus Deutschland – auf ihre Widerstandfähigkeit bei nachteiligen ökonomischen Bedingungen wie einer substantiellen Konjunkturabkühlung oder deutlich sinkenden Immobilienpreisen getestet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Banken unter solchen Stressbedingungen damit rechnen müssen, im Schnitt 30% ihres Kapitals im adversen Szenario zu verlieren. Dadurch fällt die durchschnittliche harte Kernkapitalquote (CET1 Ratio) von 14,8% auf 9,5%. Anders als bei früheren Stresstests haben sich die EZB (Europäische Zentralbank)  und die EBA jedoch dafür entschieden, keine allgemeine Mindestkapitalquote vorzugeben. Stattdessen werden die Ergebnisse vom Bankenaufseher für den jährlichen Beurteilungsprozess verwendet, um den individuell angemessenen Kapitalbedarf je Bank zu ermitteln.

Dr. Philipp Wackerbeck, Leiter der Financial Services Practice bei Strategy&, der Strategieberatung von PwC, erklärt zu den heute veröffentlichten Ergebnissen und deren Auswirkungen für Finanzinstitute: „Unsere Analyse der Stresstestergebnisse deutet darauf hin, dass sich voraussichtlich bis zu neun von 51 Banken zusätzliches Kapital beschaffen müssen. Auf europaweit aggregierter Basis kann bei Eintreten des adversen Szenarios ein Kapitalbedarf von 16 bis 20 Mrd. Euro auftreten. Das entspricht einem notwendigen Anstieg der aktuellen Kapitalausstattung um ca. 1%.“ Eine interessante Beobachtung ist, dass die Ergebnisse der beteiligten Länder durchaus vergleichbar sind und es keine Konzentration in Südeuropa gibt. Italienische Banken haben beispielsweise im Durchschnitt besser abgeschnitten als erwartet.

Da die Rendite der europäischen Banken 2015 mit 6,5% signifikant unter dem Vorkrisenniveau von 15 bis 20% bleibt, ist zu erwarten, dass die Kapitalmärkte den betroffenen Banken nur zögerlich zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten anbieten werden. Das impliziert, dass höchstwahrscheinlich die bestehenden Eigenkapitalgeber die Last der Rekapitalisierung tragen müssen.

Eigenkapitalausstattung nicht ausreichend

Mit einem durchschnittlichen Rückgang der harten Kernkapitalquote unter negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um 3,8 Prozentpunkte ist die Auswirkung des aktuellen Stresstests noch einmal höher als der Rückgang um 3,3 Prozentpunkte in 2014. Trotz der daraufhin veranlassten Stärkung der Kapitalausstattung der Banken, die über die letzten Jahre in einem Anstieg der harten Kernkapitalquote von 11,1% in 2014 auf 13,2% in 2016 resultierte, wird die bei Eintreten des adversen Szenarios zu erwartende Kapitallücke mit 16 bis 20 Mrd. Euro signifikant höher ausfallen als 2014. Damals mussten Banken lediglich 4,7 Mrd. Euro zusätzliches Kapital aufnehmen.

Erwartungsgemäß stellen Verluste aus Kreditrisiken, die aus Kreditausfällen und fallenden Bewertungen von Sicherheiten bei schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen resultieren, den größten Treiber bei den Kapitalauswirkungen für Banken dar. Die Verluste aus Kreditrisiken belaufen sich 2016 jedoch auf ähnliche Werte wie beim vorherigen Stresstest. Daraus lässt sich ableiten, dass Banken ihr Risikoprofil im Kreditgeschäft nicht wesentlich verändert haben. Tatsächlich ist der durchschnittliche Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen seit dem letzten Stresstest bei europäischen Banken sogar von 4,8% auf 4,1% gesunken. Hierbei bilden italienische Banken die Ausnahme, da diese immer noch mit der Reduktion ihrer enormen Anzahl notleidender Kredite in den Bankbilanzen zu kämpfen haben.

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