Fallende Nettozinserträge bei steigenden Marktrisiken und regulatorischem Druck
„Nach unserer Analyse stammen die erhöhten Auswirkungen unter Stressbedingungen neben den Verlusten aus Kreditrisiken auch von einem sich verschärfenden Rückgang der Nettozinserträge, einem stärkeren Einfluss von Marktrisiken sowie einer fortschreitenden Einführung der Basel-III-Regularien. Dies spiegelt weitestgehend die Durchsetzung einer stringenteren und konservativeren Methodik für diese Elemente durch die europäischen Aufseher im diesjährigen Stresstest wider“, sagt Burkhard Eckes, Leiter Banking & Capital Markets bei PwC. „Auch Banken in Irland und Spanien haben die Basel-III-Anforderungen noch nicht ausreichend in ihren Kapitalpositionen reflektiert, was zum Teil zu deutlichen Kapitalrückgängen im Stresstest führt.“
Die Finanzkrise hat das Geschäftsumfeld für Banken grundlegend verändert und stellt noch immer eine fundamentale strategische Herausforderung für traditionelle, bilanzintensive Bankengeschäftsmodelle dar, die stark von Nettozinserträgen abhängig sind. Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds und des daraus resultierenden hohen Drucks auf Nettozinsmargen sind Banken gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und andere Ertragsquellen zu erschließen. Dies wird auch in den Stresstestergebnissen zum Nettozinsertrag deutlich, die im Durchschnitt mit einem Einbruch um 6% im Baseline-Szenario und um 17% im adversen Szenario einen signifikanten Anstieg der Auswirkung im Vergleich zu 2014 aufzeigen.
Regulatorischer Druck auf Banken steigt
Laut Wackerbeck enthalten diese Ergebnisse eine klare Nachricht: „Mit dem diesjährigen Stresstest erhöhen die europäischen Aufseher den Druck auf die Banken, sich zu reformieren. Wir beobachten in Italien Banken mit einem hohen Anteil notleidender Kredite in den Bilanzen oder in Irland und Spanien Geldhäuser mit Kapitalelementen, die durch Basel III gerade stufenweise außer Kraft gesetzt werden. Gleichzeitig erwirtschaften diese Banken jedoch nur geringe, nichtnachhaltige Überschüsse – Letzteres gilt insbesondere auch in Deutschland. Zusätzliches Kapital aufzunehmen ist schlussendlich aber nicht ausreichend, um die strukturellen Probleme der Branche zu lösen, da dieser Schritt die Kapitalkosten steigert, ohne zu höheren Einnahmen oder Wachstumsraten zu führen.“ Jenseits der Kapitalanforderungen unterstreicht der Stresstest, dass Banken ihre Strategie mit Blick auf das aktuelle ökonomische und regulatorische Umfeld sowie die zunehmende Konkurrenz durch Start-ups aus dem FinTech-Bereich neu bewerten müssen. Banken sollten ihre Geschäftsmodelle daher konsequent weiterentwickeln und gezielt in Innovationen, Produktion und Marketing investieren, um die Chancen der Digitalisierung zur Transformation des bisherigen Geschäftsmodells zu nutzen.
Sie sollten sich darauf fokussieren, ihre Erträge zu verbessern und gleichzeitig ihre Abhängigkeit von Zinserträgen zu reduzieren. Damit würde auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressbedingungen erhöht. „Reine Kostensenkungsprogramme reichen wohl nicht aus, um den im Stresstest zu Tage getretenen strategischen Herausforderungen zu begegnen. Die europäische Bankenindustrie muss vielmehr ihre gesamte Wertschöpfungskette hinterfragen und wo nötig neu ausrichten. Wenn die Banken diesen steinigen Weg nicht konsequent weiter beschreiten, wird der nächste Stresstest deutlich schlechter ausfallen“, so das Fazit von Wackerbeck.
Hinweis zur Analysemethode
Derzeit ist noch nicht entschieden, wie die EZB die Stresstestergebnisse bei der Ermittlung der individuellen Kapitalquoten der Banken im Rahmen des so genannten SREP-Prozesses berücksichtigen wird. Strategy& hat für die Abschätzung des möglichen Kapitalbedarfs zwei Ansätze gewählt: eine Hürde von 5,5% für die harte Kernkapitalquote im adversen Szenario bzw. von 8% des Gesamtkapitals nach Säule 2, so wie im letzten Stresstest in 2014, sowie zusätzlich eine durchschnittliche im SREP-Prozess geforderte harte Kernkapitalquote von 7,8% (10,3% durchschnittliche Kapitalausstattung nach Säule 2 für alle SSM-Banken minus 2,5% für den so genannten Capital Conservation Buffer).