Wegen einer zunehmenden Flut von Hasskommentaren, Propaganda, Spam und Fake-News in ihren Diensten stehen Facebook, wie auch der Nachrichtendienst Twitter, seit geraumer Zeit in der Kritik. US-Bürgerrechtsorganisationen hatten Firmen in der Kampagne #StopHateForProfit Mitte Juni zu einem Werbeboykott gegen Facebook aufgerufen mit dem Ziel, Facebook zu einem härteren Durchgreifen gegen Hassbotschaften und rechten Terror auf seinen Seiten zu bewegen. Mit dem Werbeboykott soll Facebook an einer empfindlichen Stelle getroffen werden, da der Konzern mehr als 98 Prozent seiner Umsätze durch Werbeeinnahmen generiert. Die Aktie brach im Juni zunächst ein, nachdem mehrere große Werbepartner – darunter Adidas, Coca-Cola, Microsoft und Sony – angekündigt hatten, sich an dem Boykott zu beteiligten. Die Kursschwäche war jedoch nur von kurzer Dauer, da Facebooks Werbeeinnahmen sich auf mehr als 8 Millionen Kunden verteilen und damit breit diversifiziert sind. Der Umsatzanteil der 100 größten Kunden ist kleiner als 20 Prozent, die 10 größten Kunden liefern einen Umsatzanteil von weniger als zwei Prozent.
Maßnahmen bei Facebook eingeleitet
Als Reaktion auf den Boykott und den wachsenden öffentlichen Druck leitete Facebook prompt verschiedene Schritte ein, um den Bedenken der Werbepartner gerecht zu werden. Facebook-CEO Mark Zuckerberg legte einen Plan vor, der unter anderem eine Task-Force zur besseren Information von Wählern in den 72 Stunden vor einer Wahl vorsieht. Weitere Maßnahmen sind die Verbesserung der automatisierten Identifikation und Entfernung von nicht konformen Beiträgen, unter anderem durch den Einsatz von Machine Learning. Auch soll der Umgang mit nicht konformen Beiträgen, die aufgrund übergeordneter Interessen bislang auf der Plattform belassen werden, zum Beispiel weil der Verfasser eine Person des öffentlichen Lebens ist, überprüft und angepasst werden.
Facebook stellt sich diesen Herausforderungen weiterhin, um die Neutralität der Plattform zu gewährleisten. Bereits in der Vergangenheit wurden Kontrollorgane eingeführt. So fängt Facebook derzeit schon fast 90 Prozent der Hasskommentare vor Veröffentlichung ab und arbeitet mit unabhängigen und zertifizierten Partnern für die Prüfung von verdächtigen Inhalten.
Risiko Preisdruck
Für Anleger bleibt abzuwarten, ob sich der Boykott der Werbepartner über die Sommermonate bis ins dritte Quartal fortsetzen wird. Für die größeren Werbepartner wird diese Entscheidung hauptsächlich von den Reaktionen und konkreten Handlungen abhängen, die Facebook jetzt anstrebt. Die letzten Gespräche mit Initiatoren des Werbeboykotts verliefen zunächst ohne eine Annährung. Allerdings ist grundsätzlich positiv, dass Facebook das Problem erkannt und einen Lösungswillen signalisiert hat.
Die Experten von Goldman Sachs sehen ein mögliches Risiko in dem erhöhten Preisdruck, den Werbepartner durch das angekratzte Image auf Facebook ausüben könnten. Eine solche Entwicklung könnte Auswirkungen auf die Umsätze nach sich ziehen. Andere Experten gehen jedoch davon aus, dass die Auswirkungen des Werbeboykotts ein temporäres Phänomen sein werden.
Fazit: Wir erwarten durch den Boykott keine kurzfristigen negativen Implikationen. Die breite Werbekundenbasis stellt bis auf Weiteres einen starken Wettbewerbsvorteil dar. Mittel- bis langfristig bleibt die Entwicklung jedoch abzuwarten. Sollte der Boykott weitere Kreise ziehen und das Image von Facebook nachhaltig schädigen, könnte Facebook wg. des bereits beschriebenen Preisdrucks Probleme bekommen.
(Shareholder Value Management AG)