Ansteigende Rohstoffpreise und starke Inflationssignale – ist dies die wirtschaftliche Erholung?
Geir Lode, Head of Global Equities:
„Die Aussicht auf eine – früher als erwartet – eintretende wirtschaftliche Erholung hat zu einem Anstieg der Renditen zehnjähriger US-Anleihen geführt, die jetzt nahe bei 1,4 Prozent liegen. Das ist ein Niveau, das seit März 2020 nicht mehr erreicht wurde. Die Inflationssignale, einschließlich eines Anstiegs der Rohstoffpreise, sind so stark wie seit Jahren nicht mehr.
Die Growth-Titel, die während der Pandemie florierten, haben den Rückwärtsgang eingelegt – und Unternehmen, die auf die wirtschaftliche Erholung ausgerichtet sind, ziehen an. Erleben wir bei Rohstoffen eine Wiederholung des von China angeführten Superzyklus wie schon zu Beginn dieses Jahrhunderts? Historisch betrachtet dauern diese Zyklen lange an. Dieses Mal müssen die Anleger jedoch selektiver vorgehen, da die Rohstoffpreise divergieren könnten. Die Wirtschaft entkarbonisiert sich, was eine geringere Ölnachfrage mit sich bringt; gleichzeitig besitzt die OPEC ein großes Kontingent, das an den Märkten verkauft werden kann.
Bei anderen Rohstoffen, wie Kupfer, dauert es allerdings Jahrzehnte, bis die Bergbauunternehmen neue Vorkommen erschließen. Eine solide Nachfrage nach Kupfer ist zudem gesichert, da wir uns auf dem Weg in Richtung einer grünen Wirtschaft befinden. Wir sind daher der Meinung, dass der Bergbausektor besser positioniert ist als die Ölproduzenten, um vom nächsten Rohstoffzyklus zu profitieren – der gerade erst begonnen hat.“
Silvia Dall’Angelo, Senior Economist:
„Die Zentralbanken haben sich redlich bemüht, den Märkten zu versichern, dass sie die sehr entgegenkommenden finanziellen Konditionen beibehalten und sich gegen den jüngsten Ausverkauf von Anleihen stemmen werden. So sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die EZB die längerfristigen nominalen Anleiherenditen „genau beobachtet“ – und bediente sich hierbei einer spezifischen EZB-Sprache, die typischerweise Bereitschaft zum Handeln hervorruft. Zusätzliche Stimulierungsmaßnahmen sind kurzfristig unwahrscheinlich, da das Pandemic Emergency Purchase-Programm flexibel genug ist, um bei Bedarf ein vorübergehend schnelleres Tempo der Käufe zu ermöglichen.
Sollte sich jedoch das Abwärtsrisiko hinsichtlich der Prognosen verwirklichen, müsste die EZB möglicherweise radikalere Ansätze in Erwägung ziehen, zum Beispiel eine Strategie zur Kontrolle der Zinskurve im Stil der Bank of Japan. In der Zwischenzeit haben die Fed-Verantwortlichen in den USA – verunsichert durch die „Taper Tantrum“-Episode 2013 – ebenfalls verbal interveniert, um den Anstieg der Anleiherenditen einzudämmen. Fed-Vorsitzender Powell schlug bei seiner halbjährlichen Anhörung vor dem Kongress einen zurückhaltenden Ton an und betonte, dass die Wirtschaft noch weit von den Beschäftigungs- und Inflationszielen der Fed entfernt ist. In ähnlichem Sinne sprach der stellvertretende Vorsitzende Clarida davon, dass ein Tapering in diesem Jahr nicht auf der Tagesordnung stehe.
Kurzum: Die Liquidität der Zentralbanken wird mindestens noch das ganze Jahr 2021 reichlich sein – doch es ist unklar, ob die Märkte jemals genug davon bekommen können.“
(Federated Hermes)