Wirtschaft

Federated Hermes Stewardship-Report: Klimawandel und Vielfalt im Fokus der Investoren

Das EOS-Team von Federated Hermes, einem führenden Stewardship-Anbieter für professionellen Investoren-Dialog, der von institutionellen Investoren in der Größenordnung von 1,75 Billionen US-Dollar Anlagevermögen mandatiert ist, mit einem aktuellen Überblick zu Aktivitäten im zweiten Quartal 2021

Comfreak / Pixabay

Die Jahreshauptversammlungssaison 2021 ist gekennzeichnet durch Resolutionen, die eine Abstimmung über Pläne für den Klimawandel und Aktionärsanträge für klimabezogene Offenlegungen oder Zielvorgaben fordern. Hinzu kommt vielfach das Thema ethnische Gleichberechtigung. Allgemeiner Tenor unter Anlegern: eine schnellere und konkretere Reaktion auf diese sich verschärfenden ökologischen und sozialen Krisen.

In der ersten Jahreshälfte 2021 gab das Federated Hermes Stewardship-Team auf 9.630 Versammlungen Stimmempfehlungen ab (7.976 im gleichen Zeitraum des Jahres 2020):

– EOS gab bei 67 % der Sitzungen mindestens eine Abstimmungsempfehlung gegen die Unternehmensführung ab (61 % in der ersten Hälfte des Jahres 2020). Das Team besuchte aktiv 22 Aktionärsversammlungen. Darunter: Deutsche Bank, BP, Google-Eigentümergesellschaft Alphabet, Novartis, Amazon und Facebook (neun im Jahr 2020).

– Auf der Aktionärsversammlung von Berkshire Hathaway stellte EOS einen Aktionärsantrag vor, eingereicht von Federated Hermes International, dem California Public Employees‘ Retirement System (CalPERS) und der Caisse de Dépôt Et Placement Du Québec (CDPQ). Der Vorstand des Unternehmens wurde aufgefordert, eine jährliche Bewertung zu veröffentlichen, die sich mit dem Umgang des Unternehmens mit physischen und vorübergehenden klimabezogenen Risiken und Chancen befasst. Die Unternehmensleitung von Berkshire Hathaway lehnte den Antrag der Shareholder jedoch ab.

– In der ersten Jahreshälfte 2021 empfahl EOS die Abstimmung über 2.395 Aktionärsanträge (2.294 im gleichen Zeitraum 2020).

– Die verschärfte Abstimmungspolitik von EOS führte dazu, dass das Team bei fünf Versammlungen (Carnival, Croda International, Evraz, Next und Informa) die Ablehnung von FTSE-100-Vorstandsvorsitzenden empfahl. Hintergrund: Diese erfüllten die Mindesterwartungen in Bezug auf die ethnische Vielfalt in den Vorständen nicht. Die Aktionäre mehrerer US-Unternehmen forderten ihre Vorstände auf, eine Prüfung der Gleichbehandlung zu beaufsichtigen, in der die Auswirkungen des Unternehmens auf nicht-weiße Stakeholder und farbige Gemeinschaften analysiert werden.

Knackpunkt der Klimakrise

Das Jahr 2021 kann als Wendepunkt für das Engagement der Anleger und die Abstimmung für Maßnahmen gegen den Klimawandel angesehen werden. Es wurden insgesamt 18 Vorschläge zur „Abstimmung über den Übergang“ bei Unternehmen aus den Bereichen Öl und Gas, Bau, Luftfahrt und Konsumgüter eingereicht. Bei Öl- und Gasunternehmen in den USA stimmten die Aktionäre mit deutlicher Mehrheit gegen die Unternehmensleitung, wenn es um den Klimawandel ging.

In Japan gab es den zweiten und dritten Aktionärsantrag zum Klimawandel, nachdem der erste bei der Mizuho Financial Group im Jahr 2020 gestellt wurde. 2021 wurden zwei ähnliche Anträge bei der Mitsubishi UFJ Financial Group und der Sumitomo Corp eingereicht. Die Unternehmen wurden dazu aufgefordert ihre Geschäftsstrategien an den Zielen des Pariser Abkommens auszurichten. Diese Unternehmen wurden wegen ihres erheblichen Engagements in fossilen Brennstoffen, einschließlich Kohle, ins Visier genommen. EOS intensivierte die Gespräche mit den Unternehmen und holte gleichzeitig die Meinung der Nichtregierungsorganisationen ein, die die Vorschläge eingereicht hatten, bevor die Unterstützung für beide Anträge empfohlen wurde.

Seit 2019 verfügt EOS über eine formelle Abstimmungspolitik, die auf die Nachzügler des Klimawandels abzielt und die 2021 noch einmal verstärkt wurde. Das Team verwendet weiterhin die Bewertung der Transition Pathway Initiative (TPI), die einen Schwellenwert der Stufe 4 für alle europäischen Unternehmen, Kohlebergbauunternehmen oder Öl- und Gasunternehmen bzw. Stufe 3 für alle anderen Unternehmen festlegt.

In diesem Jahr kam es auch zur Einführung von „Say-on-Climate“-Resolutionen, bei denen die Aktionäre verschiedener Unternehmen über ihren Plan zum weiteren Umgang mit dem Klimawandel abstimmen müssen. Dies geschah als Reaktion auf verschiedene Bewegungen zur Verbesserung der Kontrolle solcher Pläne durch die Anleger, nachdem die Zahl der Unternehmen, die Netto-Null-Emissionen anstreben, rapide gestiegen war.

EOS unterstützte solche Vorschläge, die sich durch eine solide Zielsetzung auszeichneten, sich an externen Rahmenwerken und Akkreditierungen orientierten, wie etwa der Science-Based Targets Initiative – und bei denen eine klare und glaubwürdige Strategie zur Erreichung der Ziele erkennbar war, zum Beispiel bei Unilever, Aviva und Nestlé.

Energieanbieter mit Nachholbedarf

Die vorgeschlagenen Klimapläne von Royal Dutch Shell, Glencore und Total unterstützte EOS jedoch nicht. Da sie nicht auf die Ziele des Pariser Abkommens eingestellt zu sein schienen, ebenso wenig wie die des Flughafenbetreibers Aena, da es an Zielen für die Scope-3-Emissionen fehlte, die für dessen Verkehrsinfrastruktur entscheidend sind.

In den USA hat der Ölmulti Exxon, ein weiterer Nachzügler in Sachen Klimawandel, einen Kampf mit dem aktivistischen Investor Engine No. 1 teilweise verloren. Drei der vier von Engine No. 1 vorgeschlagenen Direktoren wurden gegen den Rat der Unternehmensleitung ernannt, um die Haltung des Unternehmens zum Klimawandel zu verbessern. EOS empfahl, alle vier zu unterstützen, da eine zusätzliche Auffrischung des Vorstands den langfristigen Wert für die Aktionäre durch die Energiewende erhalten und steigern würde.

EOS empfahl außerdem die Unterstützung eines Aktionärsantrags, welcher Scope-3-Ziele bei dem US-Ölkonzern Chevron forderte und von 61 % der Anleger unterstützt wurde.

Zwischenfazit von Hans-Christoph Hirt, Leiter EOS/Stewardship, bei Federated Hermes:

„Die Pandemie ist ein Klimakrisen-Weckruf – der gleichermaßen für Unternehmen, Investoren und Privatpersonen gilt. Die diesjährige Berichtssaison zeigt: Die Stimmung innerhalb des Mainstreams hat sich geändert. Anleger fordern sofortige Maßnahmen gegen den Klimawandel. 2021 war hier ein wichtiges Jahr. Beispiele aus Stewardship-Erfolgen: das niederländische Gerichtsurteil gegen Royal Dutch Shell, der so genannte Proxy Contest um den Hedge Fund Engine No. 1 mit Exxon sowie die mehrheitliche Unterstützung der Aktionäre bei Chevron für eine Klimaresolution – das alles im Monat Mai.

In den kommenden Monaten wird das Thema Klima-Stewardship die Agenda von verantwortungsbewussten Investoren dominieren. Die Einführung formeller Aktionärsabstimmungen zu den Klimaschutzplänen von Unternehmen, der Net Zero by 2050-Report der Internationalen Energieagentur und COP 26 bilden die Grundlage für eine zunehmende Überprüfung.“

Vielfalt und Integration: Verschärfung der Position von Federated Hermes

In diesem Jahr verschärfte EOS seine Abstimmungspolitik in Bezug auf Vielfalt und Integration – und forderte eine stärkere Vertretung von Frauen und ethnischen Minderheiten in Vorständen und Führungsteams. Weltweit empfahl EOS, die Wiederwahl von Vorständen abzulehnen, die als besonders verantwortlich gelten bezüglich bestehender Bedenken wegen unzureichender Vielfalt.

In Großbritannien drängte EOS weiterhin auf eine größere Geschlechtervielfalt in den Vorständen und unter den Führungskräften/Führungsteams.

EOS erwartet, dass in den Aufsichtsräten der FTSE-350-Unternehmen in Großbritannien ein Frauenanteil von 33 % erreicht wird, dass in den FTSE-100-Unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand vertreten ist und dass Frauen mindestens 20 % des Vorstands und der ihm direkt unterstellten Mitarbeiter ausmachen. EOS empfahl, die verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden in Unternehmen abzulehnen, die hinter den Erwartungen zurückblieben, etwa bei Ocado, Imperial Brands und Glencore.

EOS führte auch eine Abstimmung über die ethnische Vielfalt in Großbritannien ein und empfahl, alle Vorstandsvorsitzenden der FTSE 100 abzulehnen, wenn der Vorstand die Mindesterwartungen von einem Vorstandsmitglied aus einer ethnischen Minderheit nicht erfüllt hatte. Dementsprechend empfahl EOS die Ablehnung von fünf Unternehmen: Carnival, Croda International, Evraz, Next und Informa.

In den Fällen, in denen das dringende Angehen des Problems zugesichert wurde, empfahl EOS ausnahmsweise Unterstützung zu gewähren. Unter anderem beim Wohnungsbauunternehmen Persimmon und beim Rüstungsunternehmen BAE Systems.

Dr. Hans-Christoph Hirt sagt:

„Die Investoren erhöhen den Druck auf die Unternehmen, Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt und Integration zu ergreifen. Jüngste Vorschläge für ethnische Gleichheitsprüfungen in den USA, die unserer Meinung nach einen erheblichen Mehrwert für die von den Unternehmen bereits ergriffenen Maßnahmen bieten, zeugen von dieser wesentlichen Änderung des Ansatzes.

Während unseres Engagements haben wir erklärt, dass solche Prüfungen zusätzliche Einblicke in die Ursachen komplexer Probleme geben können, die Unternehmen angehen müssen, um dauerhafte Lösungen zu entwickeln. Sie ermöglichen auch eine strengere Leistungsbewertung in Bezug auf die zugrundeliegenden Herausforderungen und erhöhen die Fähigkeit des Verwaltungsrats, eine wirksame Aufsicht zu führen. Die Investoren müssen weiterhin auf wesentliche Veränderungen in der Zusammensetzung von Vorständen, Managementteams und Belegschaften im Allgemeinen drängen, um sicherzustellen, dass die Unternehmen die Stärken und die Vielfalt der heutigen globalen Gesellschaft besser widerspiegeln und nutzen.“

Den aktuellen Bericht zum EOS-Engagement von Federated Hermes finden Sie hier:
https://www.hermes-investment.com/de/eos-insight/eos/public-engagement-report-q2-2021/

(Instinctif Partners)

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