Vor einigen Jahren tauchte die Bezeichnung «BRICS» als Kürzel für eine Gruppe von Ländern – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – auf, die als Wachstumsmotoren der Welt angesehen wurden. Da einige dieser Länder in den Folgejahren Wirtschaftskrisen oder politische Veränderungen erfuhren, begannen die Anleger, ihren Blick auf Frontier Markets zu richten – Länder, die interessante Wachstumschancen bieten, sich aber in einer früheren Phase des Entwicklungszyklus befinden. Unsere bevorzugten Frontier Markets sind die sogenannten VARPS: Vietnam, Argentinien, Rumänien, Pakistan und Saudi-Arabien. Diese Länder haben Anlegern in den vergangenen Jahren hervorragende Chancen zur Gewinnerzielung geboten.
Vietnam vor Aufnahme in MSCI Emerging Markets Index
Vietnam hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, und wir beurteilen das Land weiterhin sehr positiv. Im letzten Jahrzehnt wies das Land ein starkes und stabiles Wirtschaftswachstum aus, das sich auch 2019 fortsetzen dürfte. Die eingeleiteten Reformen ermöglichten Vietnam eine Steigerung seiner landwirtschaftlichen Exporte wie beispielsweise Fischereierzeugnissen und Kaffee, währenddessen die zunehmende Beliebtheit als Urlaubsziel zu einer Vielzahl von Bauprojekten führte. Zudem sorgt die wachsende Mittelschicht in Sektoren wie der Milchwirtschaft für Auftrieb, da die Konsumenten ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf gesunde Lebensmittel und eine vollwertigere Ernährung richten. Darüber hinaus sind wir davon überzeugt, dass die im Laufe dieses Jahres erwartete Aufnahme Vietnams in den MSCI Emerging Markets Index für anhaltend hohe Bewertungen sorgen wird.
Allerdings musste Vietnam im letzten Monat erste Fälle der afrikanischen Schweinepest bestätigen. Obwohl ein Risiko besteht, dass sich die Seuche weiter ausbreitet, konnte sie bisher auf die Nordprovinz an der Grenze zu China eingegrenzt werden. Diese Entwicklung gilt es aufmerksam zu verfolgen.
Argentinien – Rezession dürfte anhalten, aber Reformeifer stimmt positiv
Die Regierung von Mauricio Macri bemüht sich nach Kräften, Argentinien durch diverse Reformen wieder zu einem Anlageziel zu machen. Nach unserer Einschätzung stellt das Land jedoch ein politisches Risiko mit anhaltenden Währungsproblemen dar.
Wir sind davon überzeugt, dass diverse innenpolitische Probleme und ein breit angelegtes Programm geldpolitischer und fiskalischer Straffungsmaßnahmen auch in diesem Jahr zu einer Fortsetzung der Rezession führen. Es wird interessant sein, die weitere Entwicklung der Reformen zu beobachten. Allerdings könnte es klüger sein, abzuwarten, bis einige dieser Gegenwinde nachlassen. Aus diesem Grund halten wir ein reduziertes Engagement in lokal notierten Wertpapieren argentinischer Unternehmen für ratsam. American Depositary Receipts (ADRs) stellen eine bessere Möglichkeit dar, in argentinische Aktien zu investieren. Sobald es Argentinien jedoch gelingt, seine wirtschaftliche Rezession und die Volatilität seiner Währung zu überwinden, bieten der Banken- und der Stromsektor des Landes sehr attraktive Anlagemöglichkeiten.
Rumänien: Wette auf Konvergenz zur EU
Rumänien ist im Wesentlichen eine typische «Wette auf die Konvergenz» zur Europäischen Union (EU) und hat im Laufe der Jahre von zahlreichen starken Rückenwinden profitiert. Beispielsweise verfügt das Land über eine eigene Währung, den rumänischen Leu, den die Zentralbank durch ein kontrolliertes Floating steuert, um Wechselkursschwankungen zu reduzieren. Darüber hinaus profitierte Rumänien vom EU-Wiederaufbaufonds, und die lokalen Unternehmen erzielen sehr gute Fortschritte in der Erfüllung von ESG-Kriterien (ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Kriterien). Insgesamt fördern diese Faktoren die Attraktivität Rumäniens als interessantes Anlageziel.
Ende 2018 schockierte die rumänische Regierung die Anleger jedoch mit einer Steuer auf den Bankensektor des Landes. Damit löste sie einen Kursrutsch rumänischer Bankenaktien aus und signalisierte eine sozialistischere Regierungspolitik. Die Ratingagenturen drohten daraufhin, ihre Ausblicke für Rumänien zu senken. Zudem kritisierten die Mitglieder des Euroblocks und die rumänische Zentralbank diesen Schritt heftig, woraufhin die Bankensteuer teilweise wieder rückgängig gemacht wurde. Damit bleibt jedoch unsicher, wie das Land das Defizit im Staatshaushalt in den Griff bekommen möchte. Aus diesen Gründen sind wir bei Anlagen in Rumänien vorsichtiger geworden und nehmen vorerst eine abwartende Haltung ein. Um zu einer optimistischeren Einschätzung zurückzukehren, bedarf es unserer Meinung nach einer Änderung der Regierungspolitik.
Pakistan mit attraktiven Bewertungen
Die Kurse pakistanischer Aktien schossen zur Mitte des Jahres 2018 in die Höhe, nachdem MSCI die Aufnahme der Aktien des Landes in den Emerging Markets Index angekündigt hatte. Mit einer beachtlichen Bevölkerung von 97 Millionen Menschen profitiert Pakistan von zahlreichen Infrastrukturprojekten im Rahmen des 46 Mrd. USD umfassenden sogenannten Chinesisch-Pakistanischen Wirtschaftskorridors. Es gibt aber auch einige Risiken, insbesondere die zunehmenden Spannungen in der Kaschmir-Region und das hohe Leistungsbilanzdefizit des Landes. Aktuell liegen die Bewertungen jedoch in einem außerordentlich attraktiven Bereich. Insbesondere Zementunternehmen – einfach aufgebaut und politisch unkompliziert – werden von uns favorisiert. Darüber hinaus bieten sie eine Möglichkeit, auf den Bauboom im Land zu setzen.
Saudi-Arabien könnte in 2019 aus Anlegersicht interessant werden
Dank eines enormen Privatisierungsprogramms, das staatliche Vermögenswerte freisetzen soll, bietet Saudi-Arabien attraktivere Investmentgelegenheiten. Die neue, reformfreudige Regierung strebt nach einer stärkeren Diversifikation der Wirtschaft, um sich von der Abhängigkeit von Rohöl zu lösen. Saudische Versicherungsunternehmen und Banken dürften die Nutznießer eines solchen Schritts sein. Sofern sich die richtigen Gelegenheiten ergeben, könnte Saudi-Arabien im Laufe des Jahres 2019 aus der Anlageperspektive eine Überlegung wert sein.
Unserer Meinung nach lohnt es sich, Engagements in Frontier Markets in ein Schwellenländerportfolio einzubeziehen. Sie bieten Zugang zu den kommenden Wachstumsmärkten, die zu gegebener Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen werden, und bringen zusätzliche Diversifikation in ein breiteres Schwellenländerportfolio. Aufgrund ihrer geringeren Liquidität im Vergleich zu höher entwickelten Schwellenmärkten wie China oder Indien weisen sie von Natur aus keine Korrelation zu Schwellenländern als Ganzes auf. Allerdings kann das politische und wirtschaftliche Klima dieser Länder volatil sein, sodass jede Veränderung aufmerksam beobachtet werden sollte.
(GAM Investments)