Wirtschaft

G20: „Gipfel der Selbstverständlichkeiten“

Es lässt sich vielleicht positiv vermerken, dass die Erwartungen an den G20-Gipfel auch dieses Mal nicht enttäuscht worden sind. Dies liegt allerdings eher daran, dass kaum jemand sich viel von diesen regelmäßigen und

Gerd_Altmann/pixelio.de

extrem reise- und vorbereitungsintensiven Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs erhofft. Das wichtigste Ergebnis ist meist ein Communiqué, das bereits im Vorfeld weitgehend abgestimmt wurde und auch diesmal viel Richtiges, aber wenig Konkretes enthält. Allerdings soll sich die britische Regierung für die Aufnahme eines neuen Themas eingesetzt haben.

Neu im G20-Communique ist daher der Verweis auf die Gefahren, die von einem Brexit für die globale Wirtschaftserholung ausgehen könnten. Das mag richtig sein. Es stellt sich dann aber die Frage, warum die britische Regierung über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lässt, wenn sie einen Austritt aus der EU nun als große Gefahr sieht. Ähnlichen Charakters sind viele der übrigen Themen.

Richtig ist der Verweis, dass die Geldpolitik am Limit ihrer Effektivität ist und weitere monetäre Stimuli das Wachstumspotenzial wohl kaum zu erhöhen vermögen. Die Gefahr eines eskalierenden Währungskrieges ist sicherlich groß. Aber würde diese Erkenntnis tatsächlich dazu führen, dass sich die EZB im März von einer weiteren Lockerung ihrer Geldpolitik abbringen lässt? Oder dass die SNB die Zinsen senkt, falls der Franken unter stärkeren Aufwertungsdruck gerät? Statt der Geldpolitik müsste der Finanz- und Strukturpolitik eine stärkere Rolle beigemessen werden. So lässt sich das Communiqué auch interpretieren.

Konkrete Maßnahmen der Politik werden aber auch daraus nicht resultieren. So verweist der deutsche Finanzminister darauf, dass die Ausgaben für die Flüchtlinge bereits wie ein fiskalischer Impuls wirken würden. Aktive Politikvorschläge und konkrete Vorschläge für die Ausweitung öffentlicher Investitionsprogramme sehen aber anders aus. Dabei besteht in Deutschland – anders als in manchen anderen Staaten – ein großer fiskalischer Spielraum. Statt diesen zu nutzen, wird die Bedeutung von Strukturreformen gerne immer wieder unterstrichen. Vor allem in den wirtschaftlich stabileren Ländern, die über so geringe Arbeitslosenquoten wie Deutschland verfügen, müsste die Umsetzbarkeit von strukturellen Reformen eigentlich gut möglich sein. Vorschläge, wie eine verstärkte Öffnung des Dienstleistungssektors für ausländische Konkurrenz, gibt es auch genug; konkrete Maßnahmen dagegen wenige.

Und so bleibt der Eindruck bestehen, dass G20-Gipfel vor allem Selbstverständlichkeiten und schöne Bilder produzieren. Der Zeitaufwand könnte besser genutzt werden, um der Bevölkerung zu erklären, warum und wo Strukturreformen notwendig sind und warum auch eine EU-Mitgliedschaft vorteilhaft ist. Denn wenn internationale Treffen immer so ergebnislos verbleiben, dann ist es auch klar, dass die Stimmung bezüglich der EU und anderer internationalen Kooperationen immer adverser wird.

 

Von Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG

print

Tags: , , , , , , , , , , , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

25 Jahre Mein Geld
Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

-
Welche Neuerungen gibt es zum BAV-Geschäft?

Im bAV Geschäft gibt es immer wieder neue Trends und verbesserte Tarife. Was können Berater und Vermittler für 202472025 erwarten?

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 03 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben