Wirtschaft

Green Pharmacy: Forschung gegen trübe Wässer

Medikamentöse Belastung des Wassers reduzieren

congerdesign / Pixabay

Die durchschnittliche Lebenserwartung und der Wohlstand steigen in vielen Ländern der Welt kontinuierlich an. Damit nimmt aber auch der Pro-Kopf- Verbrauch von Arzneimitteln zu, da ältere Menschen – besonders in den reichen Industrieländern – deutlich mehr Medikamente einnehmen. Entsprechend gelangen vermehrt Medikamentenrückstände ins Abwasser und stellen den Gewässerschutz vor neue Herausforderungen. Wissenschaftler suchen nun nach Wegen, die medikamentöse Belastung des Wassers zu reduzieren.

„Ein Ansatz besteht darin, zumindest einen Teil der Arzneimittel aus dem Wasser in Kläranlagen und Trinkwasseraufbereitungsanlagen durch Nanofiltration, Ozonierung oder den Einsatz von Aktivkohle herauszufiltern. Dieser Ansatz ist allerdings teuer. Ein anderer Weg beschäftigt sich mit der Prophylaxe: ‚Green Pharmacy‘ heißt das Konzept, bei dem die Medikamentenindustrie leichter abbaubare Wirkstoffe entwickelt, wodurch die Belastung des Wassers von vornherein deutlich reduziert werden soll. Dies ist insbesondere aus Sicht eines nachhaltigen Investors sehr interessant “, so Markus Güntner, Nachhaltigkeitsexperte bei Swisscanto Asset Management International S.A..

Problemfeld: Antibiotika

Wie dringlich die Situation ist, kann anhand des Breitbandantibiotikums Ciprofloxacin illustriert werden, das 1981 von Bayer entwickelt wurde: In Deutschland werden davon in der Human- und Tiermedizin pro Jahr rund 33 Tonnen eingesetzt. Über Ausscheidungen von Tieren und Menschen sowie unsachgemäße Entsorgung reichert es sich im Abwasser an oder gelangt über Gülle und Mist als Dünger auf Felder – und durch Versickerung und Regen wiederum ins Grundwasser. Dabei bleibt es die ganze Zeit aktiv. Ciprofloxacin greift die Bakterien in der Umwelt an, resistente Keime bleiben davon allerdings unbeeindruckt und können sich frei vermehren. Damit fördert dieses Antibiotikum die Verbreitung von Resistenzen.

Am Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie in Lüneburg forscht Klaus Kümmerer deswegen an Antibiotika, die in der Umwelt zerfallen und inaktiv werden. Er gilt als Pionier im so genannten „Re-Design“ von Medikamenten, um sie umweltverträglich zu machen – ein Feld, für das sich bisher nur wenige Arzneimittelforscher interessieren. Kümmerer begann vor einigen Jahren, das Molekül Ciprofloxacin zu analysieren, und hat mittlerweile mit seinem Team den Durchbruch geschafft: Im „neuen“ Design bleibt das Antibiotikum im Körper aktiv und entfaltet seine Wirkung. Nach einer Weile zerfällt es an den zu diesem Zweck destabilisierten chemischen Bindungen (Sollbruchstellen) in inaktive, ungiftige Einzelteile. Jetzt geht es darum, ein solches Medikament auf den Markt zu bringen, was wohl nochmals einige Jahre dauern wird.

Beitrag zum Wasserschutz wichtig

Waschmittelhersteller könnten hier zum Vorbild für Pharmaunternehmen werden. Als vor einigen Jahrzehnten eine in Waschmitteln benutzte Substanz von Kläranlagen nicht abgebaut werden konnte und sich weißer Schaum auf Seen und Flüssen bildete, bauten die Hersteller die chemische Struktur um. Das Ergebnis: kein Schaum – trotzdem saubere Kleidung und vollständiger Abbau der kritischen Substanz.

„Wir fokussieren uns bei unserem Wasserfonds sowie den weiteren nachhaltigen Anlagemöglichkeiten generell auf Unternehmen mit Produkten und Dienstleistungen, die eine positive Entwicklung von Umwelt und Gesellschaft unterstützen. Unternehmen mit Technologien zur Beseitigung von Medikamenten aus dem Abwasser, zukünftig aber auch Hersteller von Medikamenten, die die erwünschte Wirkung für Mensch und Tier erbringen und vollständig abbaubar sind, leisten einen wichtigen Beitrag zum Wasserschutz. Folgerichtig stellen sie in unserem nachhaltigen Anlageuniversum attraktive Anlageopportunitäten dar“, so Güntner.

(Swisscanto)

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