Die relativ hohen Inflationsraten in Dezember und Januar (in Deutschland + 1,7 Prozent und + 1,9 Prozent) lassen an den Kapitalmärkten die Erwartungen auf ein nachhaltiges Anziehen der weltweiten Inflation wachsen. Schon jetzt macht vereinzelt der Begriff der „Reflation“ die Runde. Glaubt man den Äußerungen der Offiziellen der Europäischen Zentralbank (EZB), handelt es sich allerdings nicht um eine dauerhafte Entwicklung. So werden die Inflationsraten von Dezember und Januar vor allem auf deutlich gestiegene Energiepreise zurückgeführt.
Die monatlich veröffentlichten Steigerungsraten der Gesamtinflation und einzelner Inflationskomponenten beziehen sich jeweils auf die Preisentwicklung im Verhältnis zum gleichen Monat des Vorjahres. Vor genau einem Jahr befanden sich die globalen Kapitalmärkte in einem ausgeprägten Konsolidierungsmodus, der beispielsweise dem DAX mit einem Minus von knapp 20 Prozent innerhalb von 6 Wochen den schlechtesten Jahresstart seit Bestehen des Index bescherte.
Eine Ursache dafür war der rasante Verfall der Rohölnotierungen, die zeitweise unter 30 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) lagen. Diese Preise sind somit die Grundlage für die Berechnung der Ölpreissteigerung Anfang 2017. Dabei sind die jeweiligen monatsdurchschnittlichen Preise die relevanten Ausgangsdaten, im Januar und Februar 2016 jeweils rund 40 US-Dollar. Verglichen mit den derzeitigen Notierungen von rund 55 US-Dollar, entspricht dies einer Preissteigerung von 37,5 Prozent.
Auch wenn die inflationsrelevanten Energiekomponenten nicht ausschließlich die Entwicklung des Rohölpreises widerspiegeln, ist anzunehmen, dass die Februar-Inflationsrate für Deutschland auf einem vergleichbar hohen Niveau wie im Januar liegen wird. Unter der Annahme, dass der Preis für Rohöl in den kommenden Monaten in etwa auf dem aktuellen Niveau verharrt, wird sich der preissteigernde Effekt des Ölpreises in den kommenden Monaten allerdings abschwächen. Im März und April 2016 lagen die durchschnittlichen Rohölpreise bei rund 45 US-Dollar, um danach auf Werte zwischen rund 50 US-Dollar und 55 US-Dollar im weiteren Jahresverlauf anzusteigen.
Damit bleibt die Frage nach den sogenannten Zweitrundeneffekten, also dem möglichen Eintreten einer nach oben gerichteten Lohn- und Preisspirale. Vor allem die Lohnabschlüsse hängen von den allgemeinen Inflationserwartungen ab. Steigen diese, werden in der Folge stärker steigende Löhne gefordert. Jüngste Daten der EZB legen jedoch nur eine durchschnittliche Inflationserwartung für 2017 in Höhe von 1,4 Prozent nahe. In Deutschland könnte es dabei angesichts einer relativ niedrigen Arbeitslosenrate zu höherem Lohndruck kommen. Allerdings hat die EZB nicht ausschließlich die deutsche, sondern die Inflationsrate des gesamten Europäischen Währungsraums im Blick. In diesem liegt die Arbeitslosenquote noch immer bei knapp 10 Prozent und dürfte damit den Preisdruck dämpfen.
Im Gesamtjahr 2017 wird die Inflationsrate daher noch nicht an den Zielwert der EZB von „nahe, aber unter 2 Prozent“ heranreichen. Die Befürchtung einer deflationären Entwicklung ist allerdings vorerst nicht mehr gegeben.
Für Anleger besteht angesichts eines voraussichtlich noch mindestens bis Jahresende manifestierten Null- bzw. Negativzinsniveaus noch dringender als schon in den letzten Jahren die Notwendigkeit einer durchdachten Anlagestrategie, um einen realen Kapitalverlust zu vermeiden. (Carsten Mumm/ Donner & Reuschel)