Trotz der leichten Entspannung an den Aktienmärkten bleibt das übergeordnete Investmentumfeld fragil und riskant.
In China drohen neue Corona-Lockdowns, in Europa wird eine Energiekrise immer wahrscheinlicher, die Kaufkraft leidet unter der Inflation und die globale monetäre Straffung kommt zunehmend in den „harten“ Makrodaten an.
Die globalen Aktienmärkte befinden sich in einem übergeordneten Negativtrend mit einer nahezu bilderbuchmäßigen Trenderosion: Positive Gegenbewegungen können die vorherigen Verluste nicht ausgleichen. Im bisherigen Jahresverlauf gab es an den Märkten systematisch tiefere Tiefs und tiefere Zwischenhochs.
Bei solchen Trendmustern sind weitere Verluste wahrscheinlicher als eine nachhaltige Stabilisierung oder Gegenbewegung.
Verschiedene Szenarien
Wann ein nachhaltiger Turnaround einsetzt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Im optimistischen, aber eher unwahrscheinlichen Szenario schaffen es die Notenbanken, die Inflation nachhaltig zu bremsen und gleichzeitig ein „Soft Landing“ der globalen Wirtschaft zu gewährleisten.
Die Unternehmensgewinne stabilisieren sich, der straffe geldpolitische Kurs wird moderat abgemildert. In diesem Szenario böten die jetzigen Kursniveaus sowohl bei Aktien- als auch Rentenmärkten eine attraktive Kaufgelegenheit.
Viel plausibler ist jedoch eine „normale“ Rezession, denn die Realwirtschaft ist bereits spürbar durch die geldpolitische Straffung ausgebremst. Diese zu lockern, lassen die Inflationsprognosen nicht zu.
In diesem Szenario ist ein zeitnaher Turnaround an den Märkten unwahrscheinlich, mindestens eine weitere Abverkaufswelle wäre zu erwarten. Im Ernstfall könnte sogar eine schwere weltweite Rezession drohen, verursacht durch starke ökonomische Ungleichgewichte.
Auslöser könnten die globale Verschuldung von Unternehmen und Staaten oder der aufgeblähte chinesische Immobilienmarkt sein. In diesem Szenario würde der Negativtrend an den Aktienmärkten mindestens bis zum Jahresende anhalten.
Starker US-Dollar gefährdet Aktienmärkte
Die amerikanische Notenbank FED räumt der Inflationsbekämpfung eine hohe Priorität ein. Mit ihrem rigorosen Straffungskurs treibt sie die rasante Dollaraufwertung voran.
Die starke US-Währung ist aber auch ein Symptom der kriselnden Weltkonjunktur und der erhöhten geopolitischen Unsicherheit. In solchen Zeiten ist der Dollar als sicherer Hafen gefragt.
Seine Stärke entwickelt sich allerdings zu einem starken Risikofaktor für die globalen Aktienmärkte. Denn diese werden dominiert von multinationalen US-Unternehmen, die einen Großteil ihrer Erlöse im Ausland erzielen und daher empfindlich von der Aufwertung getroffen werden.
Zudem ist der US-Dollar die weltweit wichtigste Schuldenwährung, die aktuelle Entwicklung erhöht die Last der Schuldner in der jeweiligen Währung vor Ort.
Kurz- bis mittelfristig dürfte der US-Dollar stark bleiben. Langfristig sollte er aufgrund der deutlichen Überbewertung aber auch wieder Schwäche zeigen. Global agierende Investoren mit hoher Dollar-Exponierung sollten vor diesem Hintergrund ihr Währungsmanagement agiler aufstellen.
(FERI)