Bislang schien es klar zu sein, dass es keine Konkurrenz zum US-Dollar als wichtigste Reservewährung der Welt gibt. 42% aller US-Staatsanleihen werden im Ausland gehalten. Die neue US-Regierung scheint große Steuersenkungspläne zu haben und ist daher mehr denn je auf ausländische Kapitalgeber angewiesen. Diese könnten sich allerdings zurückziehen, wenn sie das Gefühl bekommen, dass die USA zunehmend rechtsstaatliche Prinzipien, internationale Verträge und Institutionen in Frage stellen und in Zeiten von «America First» ausländische Geldgeber erst zuletzt bedienen.
Seit Jahrzehnten werden US-Staatsanleihen als eine der sichersten Anlagen weltweit angesehen. Dies führte bislang sogar dazu, dass sie in Krisenzeiten von internationalen Investoren besonders gesucht werden, selbst wenn die USA Ursprung der Krise sind. Dies war beispielsweise in der Finanzkrise in der zweiten Jahreshälfte 2008 gut zu beobachten. Auch die SNB, die EZB und andere Zentralbanken halten viele US-Staatsanleihen, da sie auf ihre Liquidität, Stabilität und ihr geringes Ausfallrisiko bauen. Die USA profitieren stark von der hohen Nachfrage nach ihren Anleihen, da sie so ihre hohen Defizite im Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz günstig finanzieren konnten. Diese betragen allein dieses Jahr 3,7% bzw. 2,7% – sodass 520 Mrd. US-Dollar im Ausland aufgenommen werden müssen. Inzwischen sind 42% aller US-Staatsanleihen in ausländischer Hand – insgesamt fast 6000 Mrd. US-Dollar. Davon besitzen 19% und 18% Investoren aus Japan bzw. China – zwei Länder die für ihre hohen Handelsüberschüsse von Donald Trump kritisiert werden.
Die ersten Handlungen und die Rhetorik der neuen US-Regierung lassen weder großen Respekt vor internationalen Regeln, Regulierungen, Verträgen und Institutionen erkennen, noch Verständnis für diplomatische Konventionen oder ausländische Interessen. Die Idee, Mexiko für eine amerikanische Grenzmauer zahlen zu lassen, irakisches Öl zu konfiszieren, neue Importzölle zu erheben oder Handelsverträge zu kündigen, sind Beispiele, die ausländische Investoren aufhorchen lassen sollten. Der «Pax Americana» oder die Zeit, in der sie sich auf die von den USA ausgehenden Stabilität und Rechtssicherheit verlassen konnten, ist vorbei. Fraglich ist, ob sie wie bislang in risikoreichen Zeit in die Sicherheit von US-Anlagen fliehen – oder vermehrt anzweifeln, ob «America First» auch bei der Bedienung von Staatsanleihen gelten würde. Für private Anleger wäre es dann rational, den Portfolioanteil dieser Anleihen zu reduzieren. Ausländische Zentralbanken und Staaten wiederum könnten als Vergeltung in einem Handelskrieg mit den USA US-Anleihen verkaufen. Zu hoffen ist all dieses nicht; zu erwarten, dass US-Anleihen aber komplett risikofreie Anlagen sind, die keiner Risikoprämien bedürfen, allerdings auch nicht. (Bank J. Safra Sarasin AG)