Wirtschaft

Klimaschutz und Verkehrspolitik: Die unbequemen Wahrheiten

CO2-Emissionen im Verkehr noch immer auf dem Niveau von 1990

Pexels / Pixabay

Die Kritik an dem von der Verkehrskommission jüngst vorgelegten Zwischenbericht meint das Richtige, trifft aber den Falschen: Tatsächlich war die Erwartung objektiv unrealistisch, die Kommission könne – analog zur Kohlekommission – klare Empfehlungen geben, um die von der Bundesregierung ausgegebenen Klimaziele zu erreichen.

Hintergrund: Der Klimaschutzplan der Bundesregierung sieht bis zum Jahr 2030 eine Reduzierung der CO2-Emissionen um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 vor. Erreicht wurden bislang etwa 28 Prozent. Ein Weitermachen wie bisher – also eine Fortschreibung des Trends seit Mitte der 90er Jahre – würde bis zum Jahr 2030 nur eine Reduzierung um etwa 35 Prozent bringen. Es muss also noch einiges passieren, um wenigstens in die Nähe der gesetzten Ziele zu kommen. Der Verkehrsbereich spielt dabei eine Schlüsselrolle: Während die von der Industrie und den privaten Haushalten verursachten CO2-Emisssionen seit 1990 jeweils um etwa ein Drittel gesunken sind, liegen die vom Verkehr ausgehenden Emissionen noch immer auf dem Niveau des Jahres 1990. Reduziert der Verkehr seine CO2-Emissionen nicht deutlich, werden die Klimaschutzziele Deutschlands nicht zu erreichen sein.

Autoverkehr mit unverändert schlechter Umweltbilanz

Dass die vom Verkehr ausgehenden Emissionen insgesamt nicht gesunken sind, hat vor allem zwei Gründe: Erstens ist die Verkehrsleistung erheblich gestiegen, im Güterverkehr um 80 Prozent, im Personenverkehr um 40 Prozent. Effizienzverbesserungen etwa durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge wurden also durch das Mehr an Verkehrsleistung wieder aufgewogen. Zweitens sinkt nun aber auch der Durchschnittsverbrauch der Personenkraftwagen nicht mehr, der von Dieselfahrzeugen bereits seit Anfang des Jahrhunderts, der von Benzinern seit jüngster Zeit. Der anhaltende SUV-Boom beschert den Unternehmen zwar hohe Margen, der Mehrverbrauch im Vergleich zu klassischen Autos macht die Effizienzgewinne jedoch wieder zunichte.

Unrealistische Erwartungen an E-Mobilität

Ein naheliegender Lösungsansatz wäre ein konsequenter und schneller Umstieg auf Elektromobilität. Eine Szenarioberechnung des FERI-Energiemodells zeigt aber: Wenn ab heute ausschließlich Elektrofahrzeuge verkauft würden, stiege der Bestand an Elektroautos bis zum Jahr 2030 auf 69 Prozent. Selbst dann würde das Ziel einer 42-prozentigen Reduzierung der vom Verkehr ausgehenden CO2-Emissionen noch immer knapp verfehlt. Da es derzeit sowohl an den Fahrzeugen als auch an der Infrastruktur fehlt, ist ein solches Szenario natürlich weit von der Realität entfernt. Realistisch ist dagegen, dass der Anteil der Neuzulassungen für Elektrofahrzeuge im Jahr 2030 bei etwa 30 Prozent liegt. Damit befänden sich in der Fahrzeugflotte in Deutschland dann knapp 5 Millionen Elektrofahrzeuge. Die von der Verkehrskommission angestrebten 10 Millionen Fahrzeuge bis zum Jahr 2030 setzen – wie auch von der Kommission gefordert – massive staatliche Finanzhilfen sowohl für elektrifizierte Fahrzeuge als auch für die Ladeinfrastruktur voraus.

Die Alternative wäre eine Reduzierung der Verkehrsleistung, die allerdings in der erforderlichen Größenordnung – nämlich etwa 30 Prozent – niemand ernsthaft wollen kann. Eine stärkere Nutzung von Schienenfahrzeugen sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr wäre natürlich wünschenswert. Die aktuelle Diskussion über die Deutsche Bahn zeigt aber, mit welchen Schwierigkeiten das verbunden ist und dass von dieser Seite keine Wunderdinge zu erwarten sind, jedenfalls nicht auf die Schnelle.

Politik fehlt der Mut

Wenn die Verkehrskommission also eine signifikante Lücke von 16 bis 26 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß konstatiert, erfüllt sie genau ihren Auftrag: Sie macht deutlich, dass wesentlich mehr getan werden müsste, damit der Strukturwandel im Verkehr gelingt. Dies erfordert notwendigerweise auch unpopuläre Entscheidungen. Wenn das zuständige Verkehrsministerium schon auf seiner Webseite proklamiert, man solle alle Ideen weglassen, die Leute verärgern könnten, kann man nur feststellen: So gelingt die Verkehrswende und damit auch der Klimaschutz nicht. Der Verdienst des Kommissionsberichts ist es, genau dies anhand von Berechnungen und der Folgenabschätzung bestimmter Maßnahmen verdeutlicht zu haben.

(FERI Gruppe)

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