Wirtschaft

«Krisen»-Investment-Management in Zeiten von Corona

Marktbericht von Michael A. Welti Head of Zurich Branch, Managing Director, REYL & Cie

OrnaW / Pixabay

Die Ereignisse der letzten Wochen haben in den Portfolios der meisten Anleger Spuren hinterlassen. Das rasante Tempo dieser Marktvolatilität war bisher selten zu beobachten; aber es ist für die Mehrheit sicherlich auch nicht die erste Marktkorrektur. Viele Anleger erinnern sich noch an die Finanzkrise, die Technologieblase und die dramatischen Ereignisse des 11. September 2001.

In all diesen Perioden war ein fundamentaler Ansatz wichtig, der in einem Bullenmarkt oft vergessen wird – nämlich ein gut diversifiziertes Portfolio zu besitzen. Qualitativ hochwertige, diversifizierte Portfolios können Wealth-Management-Kunden erfolgreich vor Verlusten schützen.

Wie ist es in diesem Fall möglich, dass auch so genannte «sichere Häfen» wie Gold und Staatsanleihen durch den globalen Marktcrash beeinträchtigt wurden?

Margin calls and loans

Während des Abwärtstrends der letzten Wochen haben die Aktien eine sehr volatile Periode durchlaufen. Verluste von zehn Prozent gefolgt von Gewinnen von zehn Prozent sind dramatische Ausschläge, die Anleger seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr erlebt haben. Aktienmärkte, die sich während einer Handelssitzung um fünf Prozent nach unten bewegen, sind für viele Anleger im ersten Quartal zu einem gängigen Bild geworden.

Neben den Verkaufsaufträgen der Anleger ist ein zusätzlicher Beschleuniger zu betrachten, der die negative Performance angeheizt hat: Margin Calls von Anlegern, die zuvor Kredite gegen ihr Wertpapierportfolio aufgenommen hatten, mussten entweder mehr Kapital auf ihre Konten einzahlen oder Positionen in entsprechender Höhe verkaufen, um die Deckungslücke auszugleichen.

Daher mussten Anleger auch Positionen verkaufen, von denen sie erwartet hätten, dass sie sich auf wackeligen Aktienmärkten besser behaupten würden. Dies führte dazu, dass die Anleger bestehende Positionen sowohl in Gold als auch in Anleihen verkauften, um die Unterdeckung auszugleichen. Das löste eine negative Performance auf breiterer Ebene in vielen Anlageklassen aus.

«Whatever it takes»

Wir alle erinnern uns an die Gefühle der vorangegangenen globalen Finanzkrise, an die düsteren Aussichten, als wir mitten im Sturm waren. Da war es schwer, ein Ende der Unsicherheit zu erkennen. Nun haben die Regierungen und Zentralbanken jedoch beispiellose Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft ergriffen. Die USA, die EU und weitere Regionen haben Schritte angekündigt, um ihre Wirtschaft massiv zu unterstützen und «alles zu tun, was nötig ist», um lokale Industrien zu fördern. Wie sich dies auf die Aktienmärkte auswirken wird, bleibt noch abzuwarten. Heutzutage sind selbst negative Zinssätze oder Nullzinsen keine Seltenheit mehr.

Eines sollten Anleger jedoch berücksichtigen: Wenn wir in der Vergangenheit den Tiefpunkt überwunden hatten, haben die Aktienmärkte in den Jahren nach einer Baisse fast immer eine enorme Performance erzielt.

Flucht in die Qualität

Glücklicherweise verfügen die meisten Kunden über gut diversifizierte Portfolios, die diese extreme Volatilität ausgleichen. Aber in einer Hausse scheint der Optimismus tendenziell höher als der Realismus, da die Anleger in Aktien investieren, deren Bewertung mit traditionellen Massstäben kaum zu rechtfertigen ist. Die gegenwärtigen Krise gibt den Anlegern nun aber die Möglichkeit, in qualitativ hochwertige, solide und liquide Aktien zu investieren, in die der Einstieg in den letzten Jahren einfach zu teuer war.

Langfristig vs. kurzfristig

Die meisten Wealth-Management-Kunden sind keine aktiven Händler, so dass es die Portfoliomanagementteams und Vermögensverwalter sind, die im Namen ihrer Kunden solche Gelegenheiten nutzen, die sich durch die derzeitige Marktvolatilität ergeben.

Für neue Investoren mit grossen Barbeständen haben sich in den letzten Wochen möglicherweise einige hervorragende Gelegenheiten ergeben, solide Unternehmen mit guten Bilanzen und einer intakten Wachstumsstory zu kaufen. Der wichtigste Faktor dabei ist, eine langfristige Perspektive zu behalten und nicht nur die Risikobereitschaft, sondern auch die Risikofähigkeit zu besitzen, um in die Aktienmärkte zu investieren.

Eine langfristige Investition erfolgt in der Regel mit einem Zeithorizont von zehn Jahren. In diesem Lichte und angesichts der Erfahrungen der jüngsten Ereignisse sowie der Interventionen von Regierungen und Zentralbanken zur Unterstützung der Wirtschaft sollte man sich beim Kauf von Qualitätsaktien im Rahmen einer «Buy-and-Hold»-Strategie ziemlich sicher fühlen. Kurzfristige Investitionen und aktiver Handel in diesen unsicheren Zeiten sollten nur von sehr erfahrenen Händlern vorgenommen werden, die sowohl die Risikobereitschaft als auch das Risikoprofil haben, um sich in hochvolatilen Märkten zu engagieren.

(Reyl)

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