Die kürzlich angekündigte Übernahme von Tiffany & Co. durch LVMH wirft ein Schlaglicht auf die laufende Konsolidierung im Luxusmarkt. Trotz steigender Nachfrage aus den Schwellenländern kämpfen Firmen und Marken erbittert um Marktanteile. Konsumtrends aus Asien bestimmen dabei zunehmend, wie sich die globalen Akteure in diesem rasant wachsenden Segment positionieren.
Da die Zahl der Konsumenten aus der aufstrebenden Mittelschicht der Schwellenländer kontinuierlich steigt, dürfte der damit verbundene verstärkte Konsum langfristig eines der Hauptthemen für Anleger in Luxusaktien sein.
Von den Gewinnen, die Unternehmen aus der Luxusbranche in Schwellenländern erzielen, entfällt ein großer Teil auf China. Das Wachstum wurde sowohl durch bedeutende Innovationen der großen Marken als auch durch vermehrte Investitionen in digitale Ressourcen angekurbelt. Damit sollen in China jüngere Konsumenten erreicht werden, als in anderen Zielmärkten der Unternehmen.
Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor
Für die immer jünger werdende Luxusklientel gewinnen die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG) bei der Herstellung von Luxusgütern an Bedeutung. Nachhaltigkeit spielt beim Kaufverhalten von Millennials und Angehörigen der Generation Z eine immer größere Rolle. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group geht davon aus, dass sich weltweit etwa zwei Drittel der Luxuskonsumenten aus den Reihen der Millennials und der Generation Z bei ihren Kaufentscheidungen von Nachhaltigkeitsaspekten leiten lassen.
Dabei achten sie insbesondere auf die Umweltverträglichkeit, den Tierschutz und eine ethische Produktion. Mehr als die Hälfte der Luxuskonsumenten – und damit ein wesentlich größerer Anteil als noch vor fünf Jahren – geben an, dass sie sich über die soziale Verantwortung einer Marke informieren. 62 Prozent der Befragten gaben an, sie würden ein bestimmtes Produkt einer Marke bevorzugen, die sie für nachhaltiger als die konventionell produzierte Alternative halten.
Secondhand-Luxus
Interessanterweise orientieren sich asiatische Konsumenten stärker an der Nachhaltigkeit als Käufer im Westen – ein herausragendes Thema, da das Umfeld für Luxusartikel und -dienstleistungen schon bald von der Nachfrage asiatischer Millennials dominiert werden dürfte.
Das Nachhaltigkeitskonzept hat – sowohl für Marken als auch für Geschäftsmodelle – weitreichende Folgen für die Branche. Beispielsweise weist Secondhand-Luxus derzeit unter den persönlichen Luxusgütern einen wertmäßigen Marktanteil von sieben auf und wächst zwölf Prozent jährlich. Unternehmen wie The RealReal machen sich den Wunsch der Millennials zunutze, ständig Neues mit Nachhaltigkeit zu verbinden, indem sie die Infrastruktur für eine florierende Kreislaufwirtschaft im Modesektor zur Verfügung stellen.
Mit Social Media auf Kundenfang
Die Digitalisierung eröffnet den Luxusmarken neue Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit den Konsumenten. Marktforschern von Forrester zufolge sind die Ausgaben der Luxusmarken für Printwerbung in den vergangenen fünf Jahren weltweit um 32 Prozent gesunken. Obwohl traditionelle Medien in der Luxusbranche nach wie vor im Fokus stehen, gewinnt die Zielgruppe der Millennials an Bedeutung. Mit einem veränderten Kommunikationsmix versuchen die Marken die Konsumenten dort zu erreichen, wo sie die meiste Zeit verbringen: in sozialen Medien anstatt über Printwerbung.
Der Erfolg dieses Modells in China ist darauf zurückzuführen, dass 80 Prozent der chinesischen Luxuskonsumenten in sozialen Medien aktiv sind. Ihre „Customer Journey“ unterscheidet sich deutlich von der westlicher Käufer. In China nutzen 40 Prozent der Luxuskunden Weibo (das chinesische Gegenstück zu Twitter), 15 Prozent Little Red Book (eine Suchmaschine für Luxusprodukte) und fünf Prozent Douyin/Tiktok (Snapchat).
Touchpoints
Verglichen mit einem „herkömmlichen“ digitalen Einkauf in Europa, bei dem die Transaktion über vier „Touchpoints“, zum Beispiel Google, Instragram, Facebook und schließlich Farfetch, abgewickelt wird, stehen in China die wichtigsten „Touchpoints“ eines Verkaufszyklus im direkten Zusammenhang mit Influencern. Für Marken entsteht hierdurch eine wesentlich engere Verbindung zwischen wertschöpfenden Medieneinflüssen und der Umwandlung in tatsächliche Verkäufe. Deshalb setzen sich Influencer-Marketingstrategien zunehmend durch.
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für Anlagen im Luxussegment? Da die Nachfrage nach Luxusgütern zunehmend von Millennials insbesondere aus Asien ausgeht, werden weiterhin jene Unternehmen profitieren, die diese Kunden gezielt über ihre bevorzugten Kanäle erreichen.
Weiterhin hohe Barrieren um etablierte Akteure
Die Millennials und die Generation Z gelten in dieser Hinsicht als die Konsumenten, die die Richtung der Luxusnachfrage beeinflussen, da sie im Sinne von „Qualität statt Quantität“ eher dazu bereit sind, den vollen Kaufpreis zu zahlen. Davon profitieren europäische Luxusmarken insgesamt stärker als die «erschwinglichen» amerikanischen Luxusmarken. Die Entdeckung neuer Trends mithilfe sozialer Medien kommt – um nur einige Beispiele zu nennen – Marken wie Gucci, Becca, Moncler, Adidas und Aperol zugute.
Männliche Millennials beflügeln dieses Wachstum zudem durch ihre Begeisterung für Streetwear – ein Trend, der nicht abzuflauen scheint. Mit laufenden Innovationen treffen Konzepte wie Kith und Marken wie Supreme bei ihren Zielkunden ins Schwarze. Durch Kooperationen – Estee Lauder mit Kith und Louis Vuitton mit Supreme – haben die etablierten Unternehmen geschickt Kapital aus diesem Trend geschlagen.
Kein schnelles Kopieren
Die erfolgreichen Akteure der Luxusbranche sorgen für eine wirksame Abschottung ihrer Territorien. Die Eintrittsbarrieren in den etablierten Luxusmarkt sind sehr hoch und schwer zu überwinden. Die Tradition und das Erbe von Marken wie Hermès oder Louis Vuitton lassen sich nicht über Nacht kopieren. So können diese Marken in künftiges Wachstum investieren und ihren Marktstatus als anerkannte Flaggschiffe der Luxusbranche erhalten.
Auf der Firmen- und Markenebene weitet sich die Spanne zwischen Gewinnern und Verlieren deutlich aus, da die frühe Phase des starken Wachstums im chinesischen Markt, welches allen Akteuren undifferenziert zugutekam, mittlerweile zu Ende gegangen ist.
(GAM)