Wirtschaft

Makroökonomie im Juli 2021 – US-Notenbank stellt die Zeichen auf Stimulus-Tapering

Die wichtigste Nachricht des vergangenen Monats war die veränderte Haltung der US-Notenbank, die nun eine Zinserhöhung im Jahr 2023 und nicht erst 2024 erwartet

TBIT / Pixabay

Die Planänderung war in den Fed Funds Futures bereits eingepreist und sorgte daher für wenig Volatilität.

Mit dem Näherrücken des Stimulus-Tapering (Verlangsamung des QE-Programms, vermutlich Anfang 2022, und Anhebung der Zinsen im Jahr 2023) wird es darauf ankommen, dass die Absichten der Fed weiterhin mit den Markterwartungen übereinstimmen, so wie es im Moment der Fall ist. Eine Diskrepanz zwischen dem, was der Markt für wahrscheinlich und damit für wirtschaftlich vertretbar hält, und dem, was die Zentralbank gerne tun würde, könnte in der Tat zu einem unerwünschten Anstieg der Volatilität führen.

Für die Eurozone wird eine wirtschaftliche Beschleunigung bestätigt, und der Inflationsanstieg fällt geringer aus als in den USA. Dies erlaubt es der EZB, vorerst ihre äußerst akkommodierende Haltung beizubehalten.

In China wird eine langsame Reduzierung der Stimuli bestätigt, insbesondere der Kreditstimuli, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern. Die Maßnahme erfolgt indes nur schrittweise und scheint keine Ängste zu erzeugen.

Thema des Monats: Deflationäre Inflation

Wie ist es möglich, dass der starke Anstieg der Inflation in den USA im April und Mai nicht zu einem Anstieg der langfristigen Zinssätze geführt hat, sondern dass sie im Gegenteil danach sanken?

Die Inflation ist de facto eine Steuer für die Verbraucher. Sie ist dann und nur dann nachhaltig, wenn das Verbrauchereinkommen im gleichen Maße steigt wie die Preise oder diese Zunahme gar übersteigt. Andernfalls ist sie nichts weiter als eine Steuer, die auf die Kaufkraft drückt. Genau das erleben wir gerade in den USA.

Der sprunghafte Anstieg der Verbraucherpreise im April und Mai ging nicht mit einem entsprechenden Anstieg der Löhne einher. Deren reale Veränderung fällt deutlich negativ aus. In diesem Sinne wirkt die Inflation deflationär, weil sie durch die Verringerung der Kaufkraft die Voraussetzungen für einen Rückgang des Konsums und damit eine Verlangsamung der Wirtschaft schafft.

Die Fed hat nicht ohne Grund die Aufmerksamkeit auf die besonderen Umstände gerichtet, die die Preise in die Höhe getrieben haben. Sie hat auf den Zusammenhang mit der Wiedereröffnung der Märkte nach der Impfkampagne aufmerksam gemacht und darauf verwiesen, dass einer solchen Art von Inflation nicht mit höheren Zinsen begegnet werden sollte, deren deflationäre Wirkung dadurch verstärkt würde.

Die Fed wies aber auch auf den vorübergehenden Charakter des Inflationsschubs hin, dessen Auswirkungen auf die Einkommen der Verbraucher ausgeglichen werden, wenn die mit den Wiedereröffnungen verbundenen Engpässe aufgelöst werden und die Erholung der während der Rezession verlorenen Arbeitsplätze voranschreitet.

In den USA sind im Vergleich zu der Zeit vor Corona noch immer etwa acht Millionen Arbeitnehmer ohne Job. Angesichts des Tempos der vergangenen Monate werden die Arbeitslosen erst im Herbst 2022 wieder in den Markt integriert werden können.

Das liegt in so weiter Ferne, dass eine immer noch extrem akkommodierende Haltung gerechtfertigt erscheint. Jedoch ist es verständlich, dass die Fed den Weg zur Reduzierung der Stimulierung frühzeitig planen möchte, um ein späteres Kommunikationsdesaster zu vermeiden. Aus diesem Grund hat die Fed auf der FOMC-Sitzung am 16. Juni den Zeitpunkt für die erste Zinserhöhung von 2024 auf 2023 vorverlegt.

Doch bevor sie die Zinsen anheben, haben die Zentralbanken andere Möglichkeiten zur Prüfung der Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften. Dazu gehört die Reduzierung der Anleihenkäufe.

Die Fed wird ihre Absichten im Herbst bekannt geben und höchstwahrscheinlich die Eingriffe in der ersten Hälfte des Jahres 2022 reduzieren und in der zweiten Hälfte beenden. Gelingt das Experiment, ist die logische Folge eine Zinserhöhung in der ersten Hälfte des Jahres 2023.

Bei der EZB dürfte der Zeitplan um drei bis sechs Monate länger ausfallen. Das Anleihekaufprogramm läuft bis März 2022. Dann könnte es, vielleicht mit reduziertem Tempo, für mindestens weitere sechs Monate so weitergehen. Und dann wären wir auch schon im Herbst 2022. Es ist unwahrscheinlich, dass die EZB bei der Zinserhöhung der Fed zuvorkommen wird. Verläuft alles wie prognostiziert, könnte es gegen Mitte des Jahres 2023 so weit sein. Eine Voraussetzung ist indes, dass bis dahin die Pandemiebekämpfung und die Erholung der Wirtschaft gut verlaufen sind.

(Eurizon Asset Management)

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