und genießen außergewöhnlich günstige Finanzierungskonditionen, nicht zuletzt dank der Europäischen Zentralbank. Doch das immer noch anämisch anmutende Wirtschaftswachstum, technologische Herausforderungen und politische und regulatorische Unwägbarkeiten lassen sie vor Investitionen zurückscheuen.
Wenn investiert wird, dann womöglich am falschen Ort, zu teuer oder unter so hohem Innovationsdruck, dass Forschung und Entwicklung realistischerweise stärker von Versuch und Irrtum als von bald messbaren Resultaten geprägt ist. Für die Mehrheit der Unternehmen dürfte es derzeit schwierig sein, ihre Kapitalrendite substanziell nach oben zu bringen. So fehlt auch der Treibstoff für anhaltend steigende Kurse am Aktienmarkt.
Möglich, dass Investoren dies zunehmend als Missstand wahrnehmen. Die spannende Frage ist, ob sich ihr Verhalten ändern wird. Aus angelsächsischer Sicht gelten europäische Investoren als zahm, wenig konfrontativ und als Berater denn als Sparringpartner. Auch, weil europäische Unternehmen anders als amerikanische traditionell engere Bande mit Banken als mit Investoren pflegen.
Es wird sich zeigen, ob sich dieses Modell der „Cohabitation“ überholt hat. Das Umfeld bleibt schwierig – für beide Seiten. Woher soll im Nullzins- und Kaum-Wachstum-Umfeld die Rendite herfliegen? Ist dabei die Qualität des Geschäftsmodells, in das investiert wird, und die des Managements hinreichend? Der Raum auch in Europa für stärker aktivistisch geprägtes Selbstverständnis ist offen. Seit 2010 haben sich aktivistische Kampagnen laut dem Magazin „Forbes“ in Europa mehr als verdoppelt. Deutschland steht nicht im Fokus, die meisten Kampagnen fanden in Großbritannien, Frankreich, Österreich, der Schweiz und Irland statt.
Glückliches Deutschland, weil hier die Unternehmen besser gemanagt sind? Mag sein, auch der schlechte Ruf von Aktivisten als „Heuschrecken“ dürfte mit dazu beitragen. Aktivisten sind meist öffentlichkeitssüchtig. Dabei sind ausdrücklich nicht Leerverkäufer vom Schlage Muddy Waters gemeint, die auch im Kapitalmarkt als „Anomalie“ gelten. Die Ruhe könnte aber für das Management vieler Unternehmen trügerisch sein, wenn die Renditen institutioneller Investoren immer mehr als unzureichend angesehen werden.
Aktivisten spalten die Kapitalmarktakteure genauso wie die breite Öffentlichkeit, derer sie sich im Erreichen ihrer Ziele gern bedienen. Die Erwartung ist rational, den Investments von Aktivisten wie Bill Ackman, David Einhorn, Carl Icahn oder in Europa vielleicht von Cevian oder Tito Tettamanti zu folgen. Unternehmen, an denen Aktivisten beteiligt sind, weisen eine höhere Rendite auf das investierte Kapital (ROIC) und eine bessere Aktienperformance in einem Drei- bis Fünfjahreszeitraum nach Einstig eines Aktivisten auf. Dies belegen verschiedene Erhebungen. Leider ist unklar, warum: Stieg die Rendite, weil ein Aktivist an Bord kam, oder war das Management ohnehin bereits mit der Verbesserung des Kapitaleinsatzes befasst, und der Aktivist sprang nur auf einen fahrenden Zug auf?
Es gibt gute Argumente, Aktivisten für lästig zu halten. Eins ist der Zeithorizont: Laut S&P Global Market Intelligence ist die durchschnittliche Haltedauer von Beteiligungen unter US-Aktivisten in drei Viertel der Fälle unter einem Jahr (vgl. Grafik) – in völliger Abkehr von der Zeit, die es braucht, ein Unternehmen zu reformieren. Verzerrt wird das Bild aber durch Beteiligungen an Schwergewichten wie Alphabet, Allergan oder Microsoft, die Aktivisten vor allem als kurzfristige Trading-Gelegenheit sehen. Im Schnitt halten aktivistische Investoren aber ihre Positionen viel kürzer, als sich die CEOs im S&P 1500-Index – der 90% der US-Marktkapitalisierung abdeckt – halten. Die kommen auf fast acht Jahre.
Aktivistisch deklarierte Anleger sind zudem eine Minderheit. Ende 2015 hielten sie in den USA mit ihren Beteiligungen an Firmen mit über 1 Mrd. Dollar Marktwert nur 0,6% der Marktkapitalisierung der S&P 1500-Gesellschaften. Es gilt also die Proportionen zu wahren, was ihren Einfluss betrifft. Wer ihnen folgt, muss sich trotzdem im Klaren sein, ob es sich um jemanden handelt, der viel Lärm zur Erreichung kurzfristiger Renditeziele produziert, oder ob es um eine langfristige Verbesserung geht. Dann wäre der Aktivist mehr als einfach nur einfach lästig oder destruktiv und ein wertvoller Katalysator für Wachstum.