Es gehört zur Natur von Populisten, dass sie populäre, wenn auch häufig unrealistische Forderungen stellen. Nach den Europawahlen war es wieder soweit: Italiens Vizeministerpräsident Matteo Salvini nutzte den politischen Rückenwind, um radikale finanzpolitische Ziele zu postulieren und Forderungen in Richtung EU und EZB zu senden. „Das hat bei vielen Marktbeobachtern zu einer spontanen Alarmreaktion geführt. Man hätte sogar den Eindruck gewinnen können, die Märkte reagierten mit Panik“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der auf Risikomanagement spezialisierten Quant.Capital Management GmbH.
Bei den Europawahlen erreichte die in Italien mitregierende Lega mit 34,3 Prozent die meisten Stimmen. Die Reaktion der Märkte auf die Äußerungen Salvinis ist verständlich, sind doch die italienischen Aktienkurse seit der Wahl im Rückwärtsgang und der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen, der Spread, auf über 280 Punkte angestiegen. „Dramatisch sind diese Bewegungen aber nicht“, sagt Mlinaric. So lag der Spread im Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate stabil über 260 Punkten und die Aktienmärkte sind derzeit weltweit im Rückwärtsgang. „Ein genauer Blick auf die Märkte zeigt, dass sich die Problemwahrnehmung bezüglich Italien bei den Marktteilnehmern nicht verschlechtert hat“, so Mlinaric.
Dennoch zeigen sich mittelfristig enorme Probleme für Italiens Haushalt, die sich nachhaltig auf die Eurozone auswirken könnten. Im Gegensatz zu anderen südeuropäischen Problemstaaten, welche die Zinspolitik der vergangenen Jahre genutzt haben, um ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen, sind die Ziele der italienischen Politik weniger deutlich. „Das birgt explosives Potenzial für den Euro“, so Mlinaric. „Wir haben das Gefühl, dass die Panik noch kommen wird, aber für den Moment wurde sie vertagt. Vor dem Hintergrund der möglichen Konjunktureintrübung werden wir uns in den kommenden Wochen genauer ansehen, wie die PIIGS-Staaten – Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien – die zinspolitische Schonfrist für sich nutzen konnten.“
(Quant.Capital Management)