Wirtschaft

Negativzins im Private Banking!? – Ein Ausweg

Die Erosion des Zinskonditionsbeitrages und die anhaltenden Diskussionen um die Einführung von Negativzinsen stellen auch das Private Banking vielerorts vor die Herausforderung, Wachstum zu erzielen und dabei Erträge, Effizienz und Digitalisierung zu vereinen.

Das in den letzten Jahren in vielen Private-Banking-Einheiten erwirtschafte Wachstum auf der Liquiditätsseite stellt in der aktuellen Situation eine besondere Herausforderung sowohl für die betroffenen Institute als auch für die Kunden dar. Auswertungen von metamorf haben ergeben, dass vielerorts 60% des betreuten Volumens im Passivbereich investiert sind. Gelingt es nicht, den Anteil deutlich zu reduzieren, kann Private-Banking-Kunden die Ankündigung von Negativzinsen institutsübergreifend bevorstehen.

Sinkt der Zinskonditionsbeitrag und können nur noch geringe bis gar keine Erträge mehr erwirtschaftet werden, stellt sich die Frage, wofür Private-Banking-Kunden bereit sind, Geld zu bezahlen. Nimmt man ein Interview mit Dirk Nowitzki aus der Online Ausgabe des Handelsblattes ernst, lässt sich diese Frage leicht beantworten: Ein Dienstleistungsteam, das sich nach vereinbarten Regeln um die finanziellen Belange kümmert, löst viele finanzspezifische Probleme des Kunden. Dazu gehört auch die Möglichkeit, auf eine „echte“ individuelle Vermögensverwaltung oder ein Depot zurückgreifen zu können.

In vielen Fällen wird das individuelle Vermögen jedoch nicht ausreichen, um ein eigenes individuelles Dienstleistungsteam zu beschäftigen. Expertenteams, wie es Private-Banking-Abteilungen heute schon sind, können für den Kunden als Dienstleistungsteam fungieren und somit eine passende Alternative für den Kunden darstellen. Denkt man diesen Schritt konsequent zu Ende, bedeutet dies eine Abweichung von der heutigen Struktur der Kunden-Berater-Zuordnung hin zu einer Dienstleistungsbetreuung durch das gesamte Team. Wie viele Kunden ein Team schlussendlich betreuen kann, hängt sowohl von dem Team selbst als auch von der Struktur des Kundenportfolios ab. Eine weitere „Retailisation“ durch bspw. Anpassungen von Betreuungsrelationen oder die Straffung der Produktkörbe wird zwar Kosten senken, einen Mehrwert jedoch nur selten liefern.

Das Beispiel Dirk Nowitzkis mag heute noch die Ausnahme in der Wahrnehmung der bestehenden Private-Banking-Teams sein, genau dort liegt jedoch eine weitere Herausforderung. Aufgrund von teilweise sehr starren Kriterien, die eine Betreuung im Private Banking rechtfertigen, liegt das Durchschnittsalter der Kunden jenseits der 65 Jahre. „Diese Kunden stammen häufig aus dem Milieu der konservativ Etablierten und prägen die Wahrnehmung vieler Berater“, weiß Mario Brößel, Experte für Private Banking bei der metamorf business consulting GmbH. Die nachwachsende Generation der Private-Banking-Kunden ist heute meist 50 Jahre alt und dem Milieu der Performer oder Expeditiven zuzuordnen. Geld und Status stehen dabei nicht im Mittelpunkt, so dass die herkömmlichen Kriterien, wie liquides Vermögen und Einkommen, nicht ausreichen, um diese Kunden zu entdecken und ihnen gerecht zu werden. Viele Kunden sind heute weitgehend in anderen Vermögenswerten investiert.

Mit mehr Fantasie in der Zielgruppenbildung können heute noch weitestgehend unentdeckte Potentiale aufgedeckt werden. „Einkommens- und Immobilienkunden finden heute vielerorts kaum Beachtung oder werden nur unzureichend betreut“, sagt Mario Brößel. Auch eine Perspektive der „Investition“ wird selten eingenommen. Der Ausbau der digitalen Informations- und Produktabschlussmöglichkeiten ist darüber hinaus eine notwendige Maßnahme, um den Private-Banking-Kunden von morgen nicht schon im Vorfeld zu verlieren. Denn immerhin erwägen bereits heute 47% der unter 45jährigen High Net Worth Individuals die keine robo-services Nutzen, diese in Zukunft zu nutzen (Quelle: PwC Strategy& Global Wealth Management Survey 2016).

„Die Häuser, die keine Innovation eingehen, aus Angst Bestandskunden zu verlieren, werden die Ersten sein, die in den nächsten fünf Jahren das Nachsehen haben werden.“, gibt Marc Letzing, Geschäftsführer und Gründer der metamorf business consulting GmbH, zu bedenken. Allein auf die Kundenbindung zu setzen wird nicht reichen. Effizienter zu werden und dabei Lösungserlebnisse für den Kunden zu verbessern, wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Wer nicht in die stetig wachsende Kundengruppe investiert wird in Zukunft Marktanteile verlieren.

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