Das dauerhafte Niedrigzinsniveau stellt in der Kapitalanlage und der Altersvorsorge so manche althergebrachte Regel auf den Kopf. Das gilt nun sogar für eine vom deutschen Gesetzgeber erlassene Vorschrift, die eine Doppelbesteuerung der Erträge aus Rentenversicherungen eigentlich vermeiden soll, wie das Online-Fachmagazin „Versicherungsjournal“ recherchiert und FONDS professionell berichtet hat.
Inhaber von privaten, staatlich nicht geförderten Rentenpolicen zahlen ihre Beiträge aus versteuertem Einkommen. Aus diesem Grund müssen sie in der Auszahlungsphase nicht auf den gesamten Monatsbetrag Einkommenssteuer zahlen, sondern nur auf den sogenannten „pauschalierten Ertragsanteil“. Die Höhe dieses Ertragsanteils hängt vom Renteneintrittsalter ab. Wer etwa mit 63 Jahren in den Ruhestand geht, versteuert 20 Prozent des Auszahlungssumme. Liegt das Renteneintrittsalter bei 65 Jahren, beläuft sich der zu versteuernde Ertragsanteil auf nur noch 18 Prozent.
Vorzug verkehrt sich ins Gegenteil
Bislang war das ein echter Vorteil im Vergleich zur Abgeltungsteuer von 25 Prozent, die für Einkünfte aus Kapitalanlagen fällig wird. Doch jetzt verkehre sich dieser Vorzug aufgrund des niedrigen Zinsniveaus komplett in Gegenteil, schreibt das Versicherungsjournal.
Das Online-Magazin stellt folgende Rechnung auf: Bei einem Vertrag mit einem Kapital von 50.000 Euro und einem Renteneintrittsalter von 63 Jahren lagen die tatsächlichen Ertragsanteile bis zum Jahr 2006 noch oberhalb der vom Fiskus pauschal vorgegebenen 20 Prozent. Im Jahr 1996 beispielsweise habe der Anteil 48,8 Prozent betragen, fünf Jahre später zumindest noch 34,9 Prozent.
Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2015 hingegen hätte der Ertragsanteil bei minus 9,3 Prozent für Männer und plus 4,3 Prozent für Frauen gelegen. Das heißt in der Konsequenz, dass bei einem Rentner mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung ein Ertrag besteuert werde, den die Police überhaupt nicht erwirtschaftet hat. Der Gesetzgeber habe über den pauschalierten Ertragsanteil eine Doppelbesteuerung vermeiden wollen, durch das Niedrigzins-Umfeld aber würde der Fiskus nun doch doppelt bedient.
GDV: „Verfahren hat sich bewährt“
Diesen neuen Umstand, der bislang weitgehend unbeachtet geblieben war, nimmt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE recht gelassen hin. Die pauschalierenden Werte hätten sich in der Vergangenheit als einfaches Verfahren bewährt, erklärte ein Sprecher. Damit entfalle eine ansonsten erforderliche komplizierte jährliche Ermittlung. Eine Veränderung könnte unterschiedliche, teilweise auch belastende Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen haben. Eine Überprüfung sei angesichts der Niedrigzinsphase grundsätzlich aber angezeigt, räumte der Verband ein. (am)