Die Deutschen stufen ihre ökonomische Situation und ihr gesellschaftliches Umfeld im Dezember 2022 deutlich negativer ein als noch im Dezember des Vorjahres. Das zeigen die Ergebnisse des Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D), der den subjektiv empfunden persönlichen Wohlstand der Deutschen seit 2012 regelmäßig erhebt. Im Dezember 2022 schätzten nur noch 47 Prozent der Befragten ihren Wohlstand als hoch ein, gegenüber 54 Prozent ein Jahr zuvor. Einen drastischeren Rückgang des gefühlten Wohlstands wie in den letzten zwölf Monaten hat es in so einem Zeitraum seit Bestehen des NAWI-D nicht gegeben. Selbst die Corona-Pandemie konnte den gefühlten Wohlstand nicht so stark dämpfen, wie es offensichtlich die Auswirkungen des Ukraine-Krieges gerade tun. Vor allem die durch den Konflikt verstärkte Inflation ist für einen beträchtlichen Anteil der Menschen im täglichen Leben spürbar und ein Ende ist für viele zurzeit nicht absehbar.
Inflation schränkt Konsum- und Vorsorgemöglichkeiten stark ein
Vergleicht man die Zustimmungswerte der beiden Dezemberwellen der Jahre 2021 und 2022, zeigen sich zwar aktuell noch 54 Prozent überzeugt davon, einen sicheren Arbeitsplatz bzw. eine sichere Rente zu haben, gegenüber 56 Prozent im Vorjahr. Geht es aber um finanzielle Sorgen, das Erfüllen von materiellen Wünschen oder die künftige finanzielle Vorsorge, sehen wir gegenüber der Erhebung im Dezember 2021 dramatische Veränderungen, die vermutlich auf den befürchteten Wertverlust des Geldes zurückzuführen sind. Nur noch 42 gegenüber 56 Prozent vor zwölf Monaten geben an, keine finanziellen Sorgen zu haben. Alle materiellen Wünsche können sich nur noch 35 Prozent der Befragten erfüllen, im Dezember 2021 gaben das noch 46 Prozent an. Für ihre Zukunft im ausreichenden Maße finanziell vorsorgen zu können trauen sich heute nur noch 41 Prozent aller Bundesbürger zu, zehn Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr (51%).
Doch die Menschen sind nicht nur mit ökonomischen Faktoren weniger zufrieden. Denn Wohlstand bedeutet für die Deutschen nicht nur finanziell gut dazustehen und abgesichert zu sein: „Fragt man die Bevölkerung, werden neben ökonomischen Faktoren auch ein gutes gesellschaftliches Umfeld, sehr persönliche Aspekte wie die eigene Gesundheit und eine intakte Umwelt mit dem Wohlstand verbunden. Und mit all diesen Faktoren, sind die Deutschen zurzeit weniger zufrieden als noch Ende 2021“, so Hans-Peter Drews, Entwickler und Leiter des NAWI-D bei Ipsos.
Deutsche mit sozialem Umfeld weniger zufrieden
Gegenüber dem Vorjahr stufen deutlich weniger Deutsche ihre Zufriedenheit mit gesellschaftlichen Aspekten als sehr hoch ein. Rückläufig ist zum Beispiel der Anteil derjenigen, die angeben, dass sie in Frieden mit ihren Mitmenschen leben (von 72% auf 66%). Die Auffassung, seine Meinung frei äußern zu können, teilen im Dezember 2022 noch 55 Prozent, gegenüber 62 Prozent im Vorjahr. Schon vorher auf niedrigem Niveau lag der Anteil der Menschen, die angeben, in einer toleranten Welt zu leben. Dieser Anteil sank zuletzt noch einmal von 27 Prozent im Dezember 2021 auf aktuell 23 Prozent.
Nur noch jeder Dritte frei von Zukunftsängsten
Sowohl die angespanntere finanzielle und gesellschaftliche Situation als auch die Ungewissheit über den Ausgang des Ukraine-Krieges führen dazu, dass viele Deutsche aktuell weniger glücklich sind und eine stärkere Angst vor der Zukunft haben. Stuften sich Ende 2021 noch 60 Prozent als sehr glücklich ein, sind es heute nur 52 Prozent. Noch stärker rückläufig ist der Anteil derjenigen, die völlig frei von Zukunftsängsten sind: Dieser Wert sank in den vergangenen zwölf Monaten von 46 auf 34 Prozent. Somit geht nur noch etwa ein Drittel der Bevölkerung völlig unbekümmert ins neue Jahr.
(Ipsos)