In dieses Bild vom Fußballprofi passen keine Abweichungen – weder Homosexualität noch seelische Probleme. Sebastian Deisler, einst als große Nachwuchshoffnung des deutschen Fußballs gehandelt, zerstörte vor Jahren diesen schönen Schein. Er machte öffentlich, dass er an Depressionen litt und ging in eine Klinik. An seine großen sportlichen Erfolge konnte er danach zwar nicht mehr dauerhaft anknüpfen, doch vielleicht hat ihm der Schritt aus dem Schweigen heraus das Leben gerettet. Der sympathische Nationaltorhüter Robert Enke hat diese Kraft nicht aufbringen können. Er zerbrach an seinen jahrelang verschwiegenen Depressionen und nahm sich das Leben. Dabei hätte der Fall Deisler ihm doch Mut machen müssen. Hat er aber nicht. Warum? Der selbst gewählte Tod von Robert Enke lässt ahnen, wie groß der Leistungs- und Perfektionsdruck im Profifußball noch immer ist und wie groß die Furcht vor Stigmatisierung als psychisch Kranker. Wie groß muss Enkes Angst gewesen sein, dass der Schritt auf die Bahnschienen vor den heranrasenden Zug für ihn leichter war, als der Schritt in eine stationäre Therapie? Selbstmorde werden nie völlig verhindert werden können, gerade bei psychisch kranken Menschen nicht. Dazu ist jeder Fall viel zu individuell. Aber nicht nur das private, sondern auch das berufliche Umfeld der Betroffenen kann wesentlich dazu beitragen, dass es weniger Selbsttötungen werden. Dazu gehört ein Klima, das es Menschen leicht macht, sich zu offenbaren. Das ist gerade für den Fußball eine enorme Herausforderung. Doch wer es mit der Trauer um Robert Enke ernst meint, der muss sich fragen, was für ein Menschenbild die Profifußballwelt prägt. Diese Frage richtet sich nicht nur an Trainer, Spieler und Vereine, sondern auch die Fans. Denn Sebastian Deisler war sicherlich nicht der erste Profisportler mit Depressionen und Robert Enke wird nicht der letzte sein. Hoffentlich ist er jedoch der letzte, für den der Tod der einzige Ausweg aus der seelischen Not ist.
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