Der globale Wandel stellt die Europäische Union vor ernste Herausforderungen. Geopolitische Machtverschiebungen erfordern von Europa klare Strategien, politische Entschlossenheit und Mut zu neuen Ideen.
Konkrete Problemstellungen sind die zunehmende Fragmentierung der Weltwirtschaft und hohe Energiekosten, aber auch Rohstoff-Abhängigkeiten sowie der verschärfte Technologie-Wettbewerb.
Dies sind die Kernaussagen einer aktuellen Studie zu den Zukunftschancen der EU, die das FERI Cognitive Finance Institute in Kooperation mit dem CEP, Centrum für Europäische Politik, erstellt hat.
Europas „Betriebssystem“ benötigt Update
„Die EU gerät zunehmend in Gefahr, im Systemkonflikt zwischen den USA und China zerrieben zu werden. Gleichzeitig verliert Europas Wirtschaft den Anschluss an wichtige Zukunftsmärkte. Damit ist klar: Europas derzeitiges ‚Betriebssystem‘ benötigt ein Update!“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand der FERI Management AG sowie Leiter des FERI Cognitive Finance Institute.
Strategien statt Visionen
Die in der Studie analysierten Rahmenbedingungen sowie die daraus abgeleiteten Zukunftsperspektiven und Handlungsoptionen vermitteln ein ernüchterndes Bild: Demnach liegen die größten Herausforderungen für das auf Freihandel ausgerichtete EU-Wirtschaftsmodell in protektionistischen Tendenzen sowie der zunehmenden Fragmentierung des Welthandels.
Um auch zukünftig Wohlstand zu sichern, müsse sich die EU für den Abbau von Handelshemmnissen einsetzen und die Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen verbessern.
Dies sei nur über Kooperationen mit verlässlichen Partnern möglich, die Zugang zu Innovation und Zukunftsressourcen bieten.
Dazu müsse die EU in ihren Außenbeziehungen pragmatischer werden und explizit auch strategische Sicherheitsinteressen berücksichtigen: „Statt wohlfeiler Visionen braucht Europa klare Strategien, die nicht nur zukunftsgerichtet und lösungsorientiert sind, sondern auch der Realität standhalten“, fordert FERI-Vorstand Rapp.
Europa verliert an Strahlkraft
Mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 habe die EU eine sehr ambitionierte Agenda ausgerufen. Wie sich die „Green Transition“ auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas auswirke, sei derzeit jedoch noch völlig offen.
„Die aktuelle Energiepolitik, speziell in Deutschland, zeigt das offensichtliche Strategiedefizit der Europäischen Union. Für Unternehmer und Investoren ist das ein gravierendes Problem. Frühere Standortvorteile verlieren überall in Europa an Strahlkraft“, warnt Rapp.
Im Wettlauf um zukünftige Marktführerschaft bei emissionsarmen Energiesystemen habe die EU bislang keine wegweisende Antwort gefunden. Gleiches gelte auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, wo Europa gegenüber den USA und China bereits klar abgeschlagen sei.
Technologische Transformation erfordert freien Wettbewerb
Europas Probleme seien zu einem großen Teil hausgemacht und auf langjährige eigene Versäumnisse zurückzuführen. Um eine effektive Antwort auf die globalen Herausforderungen zu finden, müssten strategische Defizite der EU offen angesprochen und gelöst werden.
„Ein erhöhtes Risikobewusstsein nach außen und der Abbau interner Strukturprobleme sind die Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft der EU“, sagt Prof. Dr. Henning Vöpel, Direktor des CEP und Vorstand der Stiftung Ordnungspolitik.
Bei Lösungen „Made in Europe“ sei auch künftig ein regelbasierter freier Wettbewerb im Binnenmarkt staatlichen Vorgaben vorzuziehen. Dies beginne beim Aufbau einer neuen Energieinfrastruktur und ende bei Abstimmungen zu KI-Regeln.
„Ein Subventionswettlauf zwischen den Mitgliedsstaaten hilft niemandem in der EU weiter. Deutschland trägt als Schlüsselakteur in den industriellen Wertschöpfungsketten hier eine besondere Verantwortung“, so Vöpel.
Nur mit einem schrankenlosen Binnenmarkt, der Nachfrage schafft und dezentral Innovation hervorbringe, würden Deutschland und die EU zu attraktiven Partnern für die Lösung der großen globalen Herausforderungen unserer Zeit.
Gemischtes Bild für Unternehmer und Investoren
Unternehmer und Investoren sollten sich aber von den offensichtlichen Problemen der EU nicht abschrecken lassen, sondern rational und ohne Naivität mögliche Chancen aufspüren und aktiv nutzen. Erforderlich sei dafür aber mehr Realitätssinn und Gestaltungskraft der politischen Ebene.
„Solange die EU den Zukunftsplänen großer Wettbewerber wie USA oder China keine klare Strategie entgegensetzt, steht der Standort Europa unter Druck“, erklärt Rapp. D
amit werde die Leitfrage der Studie – „Quo vadis, Europa?“ – letztlich zu einer individuellen Frage, die jeder Unternehmer und Investor für sich selbst beantworten müsse.
(FERI Cognitive Finance Institute / Manuela Blisse / surpress)