Ein möglicher Handelskrieg zwischen den USA auf der einen sowie der EU und China, aber auch Kanada und Mexiko auf der anderen Seite sorgt seit vielen Wochen für Aufregung – nicht nur politisch, sondern auch bei vielen Kapitalmarkt-Experten und Anlegern. Ab 1. Juni wollen die USA Schutzzölle auf Aluminium und Stahl erheben, auch Sondersteuern auf Auto-Importe wurden von US-Präsident Trump bereits ins Gespräch gebracht. Nach Ansicht von Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Sutor Bank, sollten sich Anleger nicht nervös machen lassen: „Ein möglicher Handelskrieg mag die Gemüter bewegen. Viele Marktexperten spekulieren, wie Anleger auf die Ereignisse reagieren sollten. Doch mit Blick auf das Portfolio wird dieses Thema langfristig betrachtet zu hochgekocht. Für Anleger gibt es nur eine sinnvolle Empfehlung: gelassen und investiert bleiben.“
Kommentar von Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Sutor Bank:
„Hinter der Diskussion um Sonderzölle stehen protektionistische Maßnahmen, um die heimische US-Wirtschaft zu stärken. Die Frage ist, ob diese Maßnahmen auch auf Kosten anderer gehen werden. Das sieht im Moment nicht so aus, läuft die Konjunktur doch weltweit gut und die Unternehmen verdienen entsprechend.
Volkswirtschaftlich ein Nullsummenspiel
Volkswirtschaftlich handelt es sich bei Sonderzöllen ohnehin um ein Nullsummenspiel. Denn wenn die USA Aluminium und Stahl mit Sonderabgaben belegen, werden die betroffenen Länder mit Abgaben beispielsweise auf Jeans oder Whiskey antworten und mit diesen Einnahmen wiederum der heimischen Aluminium- und Stahlindustrie unter die Arme greifen. Ähnlich dürfte die US-Regierung reagieren und gleichfalls die von zusätzlichen Zöllen belegten Industriezweige mithilfe der zusätzlichen Einnahmen bei Aluminium und Stahl stützen.
Aus der Perspektive eines Vermögensverwalters stellt sich die Frage: Was wird sich durch einen möglichen Handelskrieg mit Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern? Die Antwort lautet: nichts. Bei dem sogenannten Handelskrieg handelt es sich um einen eher begrenzten Konflikt – weltweit zwar, aber von recht geringer Wirkung. Sicherlich werden einige Abkommen und Vereinbarungen zu freiem Handel überprüft werden. Doch letztlich mögen alle Beteiligten die gegenwärtigen Rahmenbedingungen viel zu gerne, als dass sie diese vollständig aufs Spiel setzen werden.
Ende des Wirtschaftsaufschwungs nicht in Sicht
Zwar könnten sich die angedrohten US-Strafzölle zusammen mit der anhaltenden Stärke des Euro zum US-Dollar negativ auf europäische Exporte und damit auf die wirtschaftliche Erholung der Eurozone auswirken. Doch insgesamt ist ein Ende des aktuellen Wirtschaftsaufschwungs nicht in Sicht. Die Frühindikatoren deuten auch für 2018 auf mehr als 3,5 Prozent globales Wachstum hin, wenngleich der Optimismus mit Blick auf die kommenden Monate etwas abnimmt – das dürfte insbesondere jedoch dem allmählichen Auslaufen der Niedrigzinspolitik der FED geschuldet sein.
Der DAX zeigte sich zuletzt volatiler, was zwar mit dem Säbelrasseln rund um einen Handelskrieg in Verbindung stehen könnte: Ende Januar notierte er auf einem neuen Hoch (bei 13.596 Punkten), bevor ihm im März etwas die Luft ausging (bei 11.818 Punkten). Doch inzwischen pendelt der DAX wieder um die 13.000 Punkte und zeigt damit, dass die fundamentalen Werte stimmen: Die überwiegende Anzahl der börsengehandelten Unternehmen verdient derzeit glänzend. Es ist zu erwarten, dass dies in den kommenden Berichterstattungen sichtbar wird und dem Aktienmarkt als Unterstützung dient.
Hoffen auf einen stärkeren Dollar
Der schwache US-Dollar ist momentan ein „Konjunkturprogramm“ für die USA, das die ohnehin schon gut laufende Wirtschaft noch weiter befeuert. Bessere Arbeitsmarktdaten und die damit verbundenen Lohnsteigerungen sorgen dafür, dass die Inflation anzieht. Dadurch kann unter Umständen das Zinsniveau stärker steigen, was mittelfristig auf einen wieder erstarkenden US-Dollar hoffen lässt.
Vom schwachen US-Dollar profitieren momentan die Schwellenländer, die ihr Wachstumstempo des vergangenen Jahres sicher werden aufrechterhalten können. Selbst wenn sich der drohende Handelskonflikt in den kommenden Monaten auf die Stimmung der Unternehmen schlagen sollte, erscheint ein Einbruch des internationalen Handels nicht wahrscheinlich, da sich sowohl die Europäer als auch die Schwellenländer grundsätzlich zum Freihandel bekennen.
Gelassen und investiert bleiben: Langeweile in der Geldanlage wissen zu wenige zu schätzen
Für uns stehen die regelmäßigen Erträge in Form von Dividenden und Zinsen im Vordergrund, die stets einen zuverlässigen Ergebnisbeitrag liefern, der uns im Laufe der Zeit einen Puffer gegen mögliche Kursschwankungen aufbaut.
Wenn die Aufregung rund um einen potenziellen Handelskrieg nun wieder größer wird, dürften viele Anleger Gedanken an eine Börsenflucht bekommen. Dieses Verhalten ist aber vollkommen falsch und kann deutlich zu Lasten der Rendite gehen. Für Anleger besteht kein Handlungsbedarf – zumindest nicht wegen eines drohenden kalten oder auch heiß diskutierten Handelskrieges. Und das ist wie immer die gute Nachricht: Langeweile ist in der Geldanlage eine Kunst, die nur wenige zu schätzen wissen. Wir mögen sie, bedeutet sie doch stabile, an die Rahmenbedingungen angepasste Erträge und geringe Kosten für die Portfolio-Umschichtung.“
(SutorBank)