Wirtschaft

Wahlergebnis in Italien: Bedeutung für die Kapitalmärkte

Kommentar von Patrick Moonen, Principal Strategist bei NN Investment Partners

Tama66 / Pixabay

Den Hochrechnungen von gestern zufolge wird die von Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia („Brüder Italiens“) geführte Koalition bei den Wahlen am Sonntag voraussichtlich den Sieg davontragen. Das erwartete Ergebnis würde Meloni zur ersten Ministerpräsidentin Italiens an der Spitze einer rechtsgerichteten Regierung mit einer klaren Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments machen.

Die nächste italienische Regierung wird mit ernsten Herausforderungen konfrontiert sein, darunter eine Energiekrise und eine sich beschleunigende Inflation. Ihre Antworten darauf werden von den Märkten genau beobachtet werden. Melonis erste Aufgabe wird darin bestehen, eine Regierung zu bilden und wichtige Kabinettsposten zu besetzen, ein Prozess, der voraussichtlich bis Ende Oktober dauern wird. Sie wird die unterschiedlichen Ansichten innerhalb ihrer Koalition über geopolitische Entwicklungen und Haushaltsdisziplin in den Griff bekommen müssen. Italien hat als Reaktion auf die steigenden Energiepreise steuerliche Erleichterungen in Höhe von 3 % des Bruttoinlandsprodukts beschlossen. Sollten weitere Hilfen erforderlich sein, könnten innerhalb der Koalition Forderungen laut werden, diese durch eine verstärkte Emission von Anleihen zu finanzieren. Die Regierung könnte zudem unter Druck geraten, umfassendere Steuersenkungen zu beschließen.

Konfrontation mit der EU-Kommission?

Trotz dieser Herausforderungen wird Meloni wahrscheinlich versuchen, eine größere finanzpolitische Konfrontation mit der Europäischen Kommission zu vermeiden. Anders als in den Jahren 2018 und 2019, als Rom und Brüssel über den italienischen Haushalt stritten, wird die nächste italienische Regierung zwei starke Anreize haben, die EU-Ausgabenregeln einzuhalten:

Erstens muss Italien ein vereinbartes Programm von Strukturreformen einhalten, um weiterhin Mittel aus dem „NextGenerationEU-Förderprogramm zu erhalten. Sie entsprechen etwa 2 % der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes.

Der zweite Anreiz ist das Transmissionsschutzinstrument (TPI) der Europäischen Zentralbank, das im Falle einer nicht-fundamentalen Ausweitung der Spreads von Staatsanleihen aktiviert werden kann. Um dafür in Frage zu kommen, muss Italien weiterhin bestimmte finanz- und makropolitische Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Reaktion der Märkte

Die erste Reaktion des Aktienmarktes war positiv. Italienische Aktien haben sich heute besser entwickelt als der breitere Markt der Eurozone, was wahrscheinlich mit dem Wahlergebnis und der klaren Mehrheit zusammenhängt. Die Renditen zehnjähriger italienischer Staatsanleihen sind zwar höher, entsprechen aber weitgehend dem Anstieg der weltweiten Zinssätze, nachdem die großen Zentralbanken in dieser Woche weiterhin eine restriktive Haltung eingenommen hatten.

Insgesamt scheinen direkte Auswirkungen der italienischen Wahlen auf die Marktpreise sehr begrenzt zu sein. Mit anderen Worten: Die Kurskorrekturen bei den italienischen Anleiherenditen, Spreads und Credit Default Swaps sind nicht so stark durch idiosynkratische Faktoren bedingt.

Mit dem TPI wird der Spread zwischen deutschen und italienischen 10-jährigen Anleihen wahrscheinlich relativ stabil bleiben. Die Renditen italienischer Staatsanleihen könnten zwar weiter steigen, doch solange dies mit einem Anstieg der deutschen Anleiherenditen einhergeht, dürfte sich der Spread in einer gewissen Bandbreite bewegen. Der TPI hat eine starke Signalwirkung für den Markt, da die EZB gezielte Anleihekäufe tätigen könnte, um die italienischen Spreads stabil zu halten. Die Rendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen hat sich nur geringfügig erhöht, liegt aber am oberen Ende der relativ engen Spanne von 200-240 Basispunkten. Außerdem sind die Spreads für fünfjährige italienische Credit Default Swaps höher. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass die höheren Spreads sowohl bei den Anleihen als auch bei den CDS eher auf den starken Anstieg der weltweiten Anleiherenditen und der Credit Spreads insgesamt zurückzuführen sind.

(Dolphinvest Communications)

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