„Die Weltwirtschaft befindet sich im Moment in einem Zwischenhoch, dessen wichtigste Triebkräfte günstige Finanzierungsbedingungen, fiskalpolitische Impulse und eine gewisse Erholung der Schwellenländer sind. Weil diese Faktoren aber nicht unbegrenzt wirken, werden mittelfristig wieder die strukturellen Wachstumshemmnisse die Oberhand gewinnen, vor allem die weiter steigende Verschuldung.“, sagte Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, gestern auf dem 30. FERI-Konjunktursymposium in Bad Homburg.
USA vor zusätzlichem Wachstumsschub
Begünstigt wird die Weltkonjunktur vor allem durch die robuste Verfassung, in der sich die US-Wirtschaft präsentiert. Das BIP-Wachstum der USA wird im Jahr 2017 wieder deutlich oberhalb von 2 Prozent liegen. Zwar sind die Fragezeichen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik unter Präsident Trump in den vergangenen Wochen nicht kleiner geworden. Es spricht aber doch einiges für eine spürbare Absenkung der Steuern, was den USA einen zusätzlichen Wachstumsschub bringen würde. Ein gesamtwirtschaftliches Plus von mehr als 3 Prozent im Jahr 2018 wäre dann durchaus möglich. Steigende Inflationsraten dürften dann allerdings die Notenbank zu einer stärkeren Straffung ihrer Geldpolitik veranlassen, was schließlich dem Aufschwung ein Ende bereiten könnte.
Europa temporär mit positiven Überraschungen
Für das Wachstum im Euroraum hat FERI seine Prognose seit dem vergangenen Herbst um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Chef-Volkswirt Angermann verweist auf die Belebung des Welthandels und die nachlassende Haushaltskonsolidierung in den meisten Ländern.
Das größte Risiko für den langfristigen Bestand des Euroraums gehe allerdings von Italien aus, dessen Wirtschaft trotz einer leichten Verbesserung deutlich hinter dem Durchschnitt der Euro-Länder hinterherhinkt.
Wenn die Triebkräfte des Aufschwungs erlahmen und sich die Wirtschaft in den USA abkühlt, werden die anhaltende Divergenz der ökonomischen Entwicklung und die ungelösten strukturellen Probleme des Euroraums wieder zutage treten.
China vorerst stabil
Der chinesischen Führung ist es mittels einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik gelungen, die heimische Wirtschaft in stabilere Bahnen zu lenken. Das angestrebte Wachstumsziel von 6,5 Prozent für das laufende Jahr bleibt somit realistisch. Hervorzuheben ist insbesondere, dass die Kapitalabflüsse aus dem Land gestoppt bzw. sogar umgekehrt werden konnten. China kauft zudem wieder verstärkt Rohstoffe auf dem Weltmarkt ein, das hat unmittelbar positive Auswirkungen auf die Schwellenländer.
Protektionismus als Gefahr für den Wohlstand
Eine eingehende Analyse der Entwicklung des Welthandels zeigt, dass protektionistische Tendenzen schon seit einigen Jahren und unabhängig von Trump zu beobachten sind. Aus deutscher Sicht steht vor allem die Autoindustrie im Fokus, die den größten Teil zum deutschen Handelsüberschuss mit den USA beiträgt.
Das Beispiel Japans aus den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zeigt, dass Beschränkungen des freien Handels zu einem deutlichen Ausbau der Produktionskapazitäten in den USA führen können, das eigentliche Ziel, eine Verringerung des Handelsdefizits, aber dennoch nicht erreicht wird:
Der amerikanische Kfz-Handel mit Japan ist heute immer noch deutlich defizitär. Die FERI-Experten warnen davor, lediglich auf die Unvermeidlichkeit des deutschen Leistungsbilanzüberschusses zu verweisen. Zwar spiegele dieser tatsächlich die Wettbewersfähigkeit deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten wider, sei aber andererseits auch Ergebnis vergleichsweise geringer Inlands-Investitionen und eines relativ schwachen Konsums in Deutschland.
Diese Faktoren sind etwa mit dem Abbau von Regulierung auf den Dienstleistungsmärkten und Steuersenkungen für breite Einkommensschichten durchaus steuerbar und würden auch für Deutschland wohlfahrtssteigernd wirken. Ein Zusammenbruch des Welthandels als Ergebnis einer Spirale aus Handelsbeschränkungen und daraus folgenden Gegenmaßnahmen wie in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts müsse unbedingt vermieden werden. (FERI)