Diesmal: Weshalb der Wiederaufbaufonds zwar ein Schritt nach vorne ist – aber kein Grund sich zurückzulehnen.
Eoin Murray, Head of Investment bei Federated Hermes:
„Zwar streng genommen keine vollständige Fiskal-Union, dennoch schon ziemlich nahe dran: Der diese Woche angekündigte gewaltige Wiederaufbaufonds ist nach den Standards der EU sicherlich ein Erfolg – ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Schritt noch größer gewesen wäre.
Es zeigt zumindest: Es gibt eine gemeinsame fiskalische Grundlage, auf welcher der weitere Weg zur vollständigen Union ausgearbeitet werden könnte. Beginnen die 27 Nationen nun, sich auf eine gemeinsame Vision des europäischen Projekts zu verständigen? Und was bedeutet dies für Groß-Britannien? Das verabschiedet sich nun aus der Gemeinschaft – mit begrenzten Aussichten auf ein vorteilhaftes Handelsabkommen, da die Übergangszeit ausläuft.
Mit einem stark grün gefärbten 572-Milliarden-Dollar-Plan treibt der Wiederaufbaufonds die EU im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel sicherlich voran. Allerdings: Grüne Hardliner könnten sich durchaus enttäuscht darüber zeigen, dass die Maßnahmen nicht noch weitreichender sind. Es fehlte noch ein nachvollziehbar realistischer Übergang zu einer Null-Kohlenstoff-Welt – diese Gelegenheit könnte nun verpasst sein.“
Geir Lode, Head of Global Equities bei Federated Hermes:
„Die Gewinnsaison des zweiten Quartals liegt nun zu etwa 20 % hinter uns. Die ersten Anzeichen deuten darauf hin, dass die Unternehmen die Herausforderungen im Großen und Ganzen gut bewältigt haben – auch wenn die Erwartungen sehr niedrig ausfielen. Dies zeigte sich in einigen Fällen durch eine positive Aktienkursentwicklung, in Verbindung mit Berichten über ein negatives Gewinnwachstum. Insbesondere die Sektoren Industrie und teils Rohstoffe waren hier ein Beispiel.
In der vergangenen Woche haben wir an dieser Stelle immer wieder gesagt: Viele Anleger glauben weiterhin an eine V-förmige Erholung. Dabei ist es noch zu früh, um zu sagen, ob die Gewinnsaison diese These stützen wird oder nicht. Währenddessen bleiben die Geldhähne – vermutlich auch zukünftig – aufgedreht, solange die Arbeitslosigkeit derart hoch ist. Dies sollte den Märkten weiterhin Aufwind verleihen.
In der Zwischenzeit haben die Spannungen zwischen den USA und China zugenommen, nachdem die USA China gebeten hatten, das Konsulat in Houston zu schließen. Und Präsident Trump liegt in den Umfragen zurück: Diese Spannungen könnten unabhängig von der jeweiligen politischen Einstellung weiter eskalieren – angesichts des allgemeinen Misstrauens gegenüber China. In Europa haben die Märkte gut auf den Wiederaufbaufonds reagiert. Er ermöglicht es der EU, ihren Mitgliedsstaaten mit Budget unter die Arme zu greifen. Jedoch: Nach Monaten außerhalb der Schlagzeilen ist nun auch der Brexit wieder zurückgekehrt. Die Herbstfrist für ein Abkommen nähert sich in schnellen Schritten – und somit auch eine zusätzliche Quelle der Unsicherheit für die kommenden Monate.
Vorerst sind die Märkte damit beschäftigt, ihren Sorgenberg abzutragen. Diese verständliche Nervosität könnte in den kommenden Monaten zu einigen grundlegenden Faktorrotationen führen. Wir sind weiterhin der Meinung, dass in diesem Umfeld zwei Dinge entscheidend sein werden: Erstens Diversifizierung und zweitens ein Fokus auf Unternehmen mit langlebigen Geschäftsmodellen, die aus verschiedenen Perspektiven attraktiv sind.“
(Federated Hermes)