Wirtschaft

Zeit, wie ein Zentralbanker über Gold zu denken

Von Ned Naylor-Leyland, Investment Manager Gold und Silber bei Jupiter Asset Management

Der Wert von Gold ändert sich nie

Viele betrachten Gold als eine Art Währung. Damit machen sie jedoch einen grundlegenden Denkfehler. Denn der Wert von Gold ändert sich in Wirklichkeit nie. Was sich ändert, ist der Wert von Währungen im Verhältnis zum Goldpreis.

Diese bewegen sich unterschiedlich schnell, aber dennoch als Gruppe gemeinsam im Verhältnis zu Gold, das statisch bleibt. Damit ist es also nie so, dass der Goldpreis „steigt“, sondern nur, dass bestimmte Währungen im Verhältnis dazu schneller abwerten.

Das Ausmaß dieser Abwertung wird nicht nur durch die relative Stärke der Währungen beeinflusst, sondern auch durch externe Faktoren wie die Goldreserven, die Nachfrage des Schmucksektors und die Marktvolatilität.

So viel Gold-Ankäufe wie zuletzt vor 25 Jahren

Warum ist das so wichtig? Weil auch die Zentralbanker so über Gold denken, und wenn wir ihr Verständnis dieser Anlageklasse besser verstehen, können wir auch ihre Entscheidungszusammenhänge besser nachvollziehen.

Die globalen Zentralbanken haben in diesem Jahr so viel Gold angekauft wie zuletzt vor 25 Jahren. Das ist ein wichtiger Hinweis in Bezug auf ihr Verständnis von risikofreien Vermögenswerten und deutet auf ein abnehmendes Vertrauen zwischen den Staaten hin.

Nach Angaben des World Gold Council haben sich die Goldkäufe der Zentralbanken im Jahr 2022 auf 673 Tonnen belaufen – so viel wie zuletzt 1967.

Zu den größten Goldkäufern gehörten die Zentralbanken von Indien, Katar und Usbekistan, außerdem mehrere ungenannte Käufer, die offensichtlich der Meinung waren, dass eine Meldung dieser Käufe erhebliche Marktauswirkungen haben würde.

Warum kaufen die weltweiten Zentralbanken so viel Gold?

Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Zunächst einmal gilt Gold in Phasen wirtschaftlicher Turbulenzen bekanntlich als sicherer Hafen. Daher haben die Marktvolatilität und die geopolitische Unsicherheit viele Zentralbanken dazu veranlasst, ihre Goldbestände zu erhöhen.

Zweitens wird es häufig als gute langfristige Inflationsabsicherung betrachtet. Angesichts einer anhaltend hohen Inflation halten viele Zentralbanken ihr Vermögen daher lieber in Gold als in Barmitteln. Gold gilt seit jeher als ultimative Form des „risikofreien“ Geldes, das die Wertentwicklung von Fiat-Währungen misst.

Wir scheinen in eine neue Ära der Deglobalisierung und multipolaren Machtstrukturen einzutreten. Das weltweite monetäre Umfeld ist durch stark steigende Zinsen, eine grassierende Inflation und drohende Rezessionen gekennzeichnet.

In dieser neuen Ära sehen wir bereits erste Hinweise auf eine Abkehr von der traditionellen Wahrnehmung von Gold als risikofreiem Wertspeicher oder sogar unpolitischem Zahlungsmechanismus. Das jüngste Beispiel dafür war die Ankündigung Ghanas, für den Kauf von Öl Gold statt US-Dollar zu verwenden.

Tatsächlich ist ein zunehmender Trend zur Entdollarisierung zu erkennen. Dreh- und Angelpunkt dieser Entwicklung ist die wichtige und sich verändernde Beziehung zwischen Rohstoffen, Gold und Dollar.

Die Ära des minimalen Vertrauens

Was hat sich im Jahr 2022 verändert, dass es zu dieser enormen Nachfrage nach Gold gekommen ist? Der wichtigste Auslöser war ein Verlust von Vertrauen in Institutionen und Staaten. Das Schöne an Gold ist, dass es – anders als staatlich ausgegebene Währungen – kein Vertrauen erfordert.

Als von Natur aus unpolitisches Geldinstrument mit begrenztem Angebot war Gold in einer multipolaren Welt schon immer erste Wahl. In diese Richtung bewegen wir uns auch jetzt wieder, wenn auch durch einen Sturm kurzfristiger makroökonomischer und geopolitischer Volatilität.

Fed wird von Straffungskurs abkehren müssen

Der Dollar ist im Jahr 2022 zwar erstarkt. Die Aufwertung der US-Währung war jedoch hauptsächlich auf die Zinsprognosen und Zinspolitik der US-Notenbank (Fed) zurückzuführen.

Angesichts der weiterhin rekordhohen Emissionstätigkeit und des Mangels an Käufern und Liquidität am Staatsanleihenmarkt wird die Fed jedoch früher oder später von ihrem Straffungskurs abkehren müssen.

Momentan beharrt die Fed noch darauf, dass sie ihre Zinserhöhungen fortsetzen wird, bis die Inflation auf ein akzeptables Niveau gesunken ist. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie sich dazu gezwungen sehen wird, das Ruder herumzureißen.

Wenn es so weit ist, wird ein Rückgang der realen Dollarzinsen auch auf US-Dollar-Basis ein günstiges Umfeld für Währungsmetalle schaffen, sodass der USD-Goldpreis mit der Stärke des Goldpreises in anderen Währungen gleichziehen dürfte.

(Jupiter Asset Management / Manuela Blisse / surpress)

print

Tags: , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

Mein Geld Jahresrückblick 2024

Vielen Dank für ein erfolgreiches Jahr 2024 – Auf in ein spannendes 2025

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 05 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben